Im Rahmen der Untersuchungen im Fall Christina Block überwachte das LKA Hamburg ebenso die Telefongespräche von Ex-BND-Leiter August Hanning. Äußerst persönliche Informationen und sogar Verbindungen zu Pressevertretern gelangten so in die Dokumente. Für die verantwortlichen Ämter entwickelt sich eine Affäre.
Skandal um Block-Ermittlung:Name eines FOCUS-Journalisten in LKA-Unterlagen entdeckt

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Symbolbild: Ein Telefon zeigt den Schriftzug „Abgehört“ und symbolisiert Überwachung und Privatsphäre-Verletzung.
Die Strafverfolgungsbehörden in Hamburg sind im Kontext des Block-Verfahrens stark ausgelastet. Vor kurzem gelang der Anklagebehörde ein bemerkenswerter Erfolg, indem sie den vermuteten Hauptverantwortlichen der Entführung, David Barkay, nach Deutschland überführte und zu einer Aussage bewegte. An einem anderen Punkt rücken nun jedoch die Ermittler selbst sowie ihre Vorgehensweisen in den Fokus.
Eine Überraschung erlebte Josef Hufelschulte, als sein Name unerwartet im Rahmen einer Untersuchung wegen Organisierter Kriminalität des Hamburger Landeskriminalamtes erschien. Der einstige leitende Reporter für das FOCUS-Magazin deckte seinerseits Geheimdienstskandale auf und hat für viele Jahrzehnte über Verbrechen reportiert. Das berichtet „FOCUS online“.
Es steht völlig außer Frage, dass er in die Block-Affäre nicht involviert ist – dennoch findet sich seine Nennung als periphere Person in den Dokumenten. „Das habe ich noch nie erlebt“, so Hufelschulte gegenüber FOCUS online: „Das ist eine Riesenschweinerei.“
Der Kontext dafür sind die Nachforschungen, die sich gegen den früheren Leiter des Bundesnachrichtendienstes sowie vormaligen Staatssekretär des Bundesinnenministeriums richten. Aufgrund von professionellen Berührungspunkten besteht zwischen Hufelschulte und August Hanning seit über 30 Jahren eine Bekanntschaft.
Hanning sowie ein Geschäftspartner stehen unter dem Verdacht, bei der Kindesentführung mitgewirkt zu haben. Zusätzlich gibt es die mögliche Anstiftung zum Besitz von Schriften mit kinderpornografischem Inhalt, verbunden mit den erfundenen Missbrauchsvorwürfen gegen Stephan Hensel, den Ex-Gatten von Christina Block, und seinen Familienrechtsanwalt Gerd Uecker.
Die Anschuldigungen wurden als derart schwerwiegend eingestuft, dass dem LKA in Hamburg eine Genehmigung erteilt wurde, den früheren BND-Leiter zu überwachen: Allem Anschein nach hatte Hanning persönlich das betreffende Material von genau diesem David Barkay bekommen und es laut eigener Aussage am 29. September 2023 in ungeöffnetem Zustand dem Bundeskriminalamt übermittelt.
Hufelschulte beklagt: „Ich bin sauer, dass das nicht geschehen ist“
Da er dadurch – ob absichtlich oder nicht – zu einem Element einer Diffamierungskampagne wurde, rückte er anscheinend aufgrund der Weitergabe des Materials in den Fokus der Strafverfolger. Aus diesem Grund lauschte das LKA seiner Kommunikation von April 2025 an bis wenigstens in den Juni.
Die Unterlagen vermitteln jedoch rasch die Anmutung, als hätten die Strafverfolgungsbehörden bei ihrem Streben nach Wahrheit jegliches Augenmaß eingebüßt.
„Wenn Herr Hanning abgehört wird, gehe ich davon aus, dass ich als nicht beschuldigte Person geschützt werde“, erklärt Josef Hufelschulte. Das impliziert: Abschnitte ohne Relevanz für die Untersuchungen müssten entfernt oder unkenntlich gemacht werden. „Ich bin sauer, dass das nicht geschehen ist“, bekräftigt Hufelschulte.
Beispielsweise zeichneten die Ermittlungsbeamten am 18. Juni 2025 um 10.14 Uhr und 46 Sekunden eine Konversation auf, die 49 Minuten und sechs Sekunden andauerte und zwischen dem Journalisten und Hanning stattfand. „Ich habe gesagt, dass wir einen tragischen Todesfall in der Familie hatten und den Namen genannt“, gibt Hufelschulte wieder.
Sämtliche dieser Details erscheinen ausführlich in den Unterlagen, welche den am Verfahren beteiligten Personen zugänglich gemacht werden – und gerade in dieser Causa rasch an die Medien gelangen könnten. Hufelschulte ist sich sicher: „Sowas gehört nicht rein!“
Der versierte Journalist gelangte über seine Verbindungen selbst in den Besitz der Mitschriften. Ebenso sind die Konversationen Hannings mit zwei anderen Pressevertretern, die für eine bedeutende deutsche Boulevard-Publikation und ein wöchentliches Magazin arbeiten, aufgezeichnet – im Rahmen einer Untersuchung der Abteilung für Organisierte Kriminalität. „Das ist der Hammer“, äußert sich Hufelschulte weiterhin empört. Festgehalten wurden demnach nur rein private Einzelheiten.
Auf Anfrage bekräftigt Leon Kruse, der Anwalt von Hanning, den Sachverhalt und erklärt: „Die Telekommunikationsüberwachung gegen meinen Mandanten ist zudem insgesamt rechtswidrig.“
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zeigt sich auf Anfrage ebenfalls verwundert über diese Vorgehensweise. „Abhörmaßnahmen sind nur dann berechtigt, wenn es konkrete Hinweise darauf gibt, dass der Journalist selbst tatverdächtig ist“, teilt Sprecher Hendrik Zörner gegenüber FOCUS online mit.
„Andernfalls stellen Abhörmaßnahmen schwere Eingriffe in die Freiheit der Berichterstattung und damit in das Grundrecht der Pressefreiheit dar.“ Die Resultate der Überwachung hätten ebenfalls keinen Platz in den Unterlagen.
Hufelschulte inspiziert mit Belustigung die Güte der Mitschriften. „Das ist alles schlampig gemacht worden“, kommentiert er. Bereits die Angabe zu Hannings Wohnsitz sei fehlerhaft notiert – Nordweihe anstelle von Nordwalde – ebenso wie die geografische Gegend – Westphalen anstelle von Westfalen.
Hufelschulte stellt in Frage: "Was ist das für ein Respekt vor der Person?"
In der Dokumentation werde die verdächtige Person wiederholt lediglich mit dem Vornamen „August“ bezeichnet. „Was ist das für ein Respekt vor der Person?“, stellt Hufelschulte, der über langjährige Erfahrung mit umfangreichen Ermittlungen verfügt, in den Raum. Ebenso sei die Zeichensetzung mangelhaft.
Die Vorgehensweise im Rahmen der Nachforschungen gegen Hanning wirft zusätzliche Fragen auf. Als Beispiel dient die Durchsuchungsaktion bei dem früheren BND-Leiter, die im September stattfand. Zwar war die Razzia an sich durch einen richterlichen Beschluss legal. Jedoch ergibt sich auch in diesem Zusammenhang die Frage nach der Angemessenheit: Laut Informationen, die FOCUS online vorliegen, konfiszierten die Einsatzkräfte auch Dokumente, welche Hannings Tätigkeit als Anwalt berühren und aus diesem Grund einem besonderen Schutz unterliegen.
Die Reaktion auf die Beschwerden fiel rätselhaft aus: Die Örtlichkeiten hätten nicht wie eine Anwaltskanzlei gewirkt. Ferner seien die Ermittlungsbeamten davon ausgegangen, dass Hanning eine Überwachung vermute und daher absichtlich keine inkriminierenden Äußerungen tätigen würde. Dies wiederum führt zu der Frage, welchen Nutzen sich die Strafverfolgungsbehörden von der Überwachungsmaßnahme erhofften – und weshalb sie sogar äußerst private Details von Dritten protokollierten.
Darüber hinaus erschienen die deutschen Ermittlungsbeamten mit großem Aufsehen bei Hanning – und brachten mit Spiegel TV sogleich ein Medienteam mit. Es drängt sich der Verdacht auf, dass diese Information gezielt aus dem Umfeld der Ermittler weitergegeben wurde.
Aus der Perspektive von Journalisten könnte dies als ein willkommener Exklusivbericht gelten. Für die betroffene Person stellt es sich weniger positiv dar; Hanning hat teilweise erfolgreich Widerspruch gegen die Berichterstattung eingelegt. Zusätzlich ging bei der Anklagebehörde eine Anzeige gegen eine unbekannte Person ein, die den Vorwurf der Preisgabe von Dienstgeheimnissen sowie der Missachtung einer speziellen Geheimhaltungspflicht zum Inhalt hat.
Journalist fordert politische Konsequenzen
Dies alles liefert keine Aussage über eine eventuelle Beteiligung Hannings an der Causa Block. Dennoch stellt sich durch diese Vorgehensweise die Frage, welche Methoden der Staat anwendet, um verdächtige Personen zu überführen.
„Wenn es so war, wie ich das gelesen habe, sollen sich der Hamburger Justiz- und Innensenat darum kümmern, was da gelaufen ist“, erkennt Josef Hufelschulte eine politische Dimension und verlangt eine objektive Untersuchung der potenziellen Missstände: „Die Widersprüche müssen geklärt werden.“ Schließlich büßt ein Ermittlungserfolg an Bedeutung ein, sollte er nicht unter Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien erzielt worden sein.
Mit Verweis auf die andauernden Untersuchungen gab die Hamburger Staatsanwaltschaft keine Stellungnahme zu einer von FOCUS online gestellten Anfrage ab. Vom LKA kam gleichfalls keine Reaktion.(red)
Dieser Inhalt wurde mit Hilfe von KI erstellt.
