Sensations-Fund im WattForschende trauen ihren Augen nicht: „Das, wonach alle gesucht haben“

Lange Zeit galt das „Atlantis der Nordsee“ als großes Mysterium. Doch nun machten Forschende bei dem Rätsel um die versunkene Stadt Rungholt eine bahnbrechende Entdeckung.

von Jana Steger (JS)

Eine versunkene Stadt im Wattenmeer. Mehrere Jahrhunderte alte Spuren einer längst vergangenen Kultur, begraben im Schlamm zwischen den Inseln Nordfrieslands. Lange Zeit war der Untergang der Gemeinde nur ein Mythos. So war etwa von „Atlantis der Nordsee“ die Rede. Doch Forschungen zeigen, dass es sich bei der versunkenen Stadt Rungholt nicht etwa um eine ausgedachte Legende handelt.

Etwa 700 Jahre ist es her, als Rungholt von einer Sturmflut erfasst wurde. Im Jahr 1921 dann die Gewissheit: Die Gemeinde gab es tatsächlich. Im Watt zwischen der Insel Nordstrand und der Hallig Südfall entdeckte ein Bauer Ackerfurchen, Keramik und Brunnenreste. Nun machten Forschende eine weitere Sensationsentdeckung.

Nach 100 Jahren: Forschende lösen Rätsel um versunkene Stadt Rungholt

Lange Zeit gab es nur vage Vermutungen darüber, dass die Gemeinde aufgrund einer Flut im Jahr 1362 im heutigen Nordfriesland untergegangen sein könnte. Nachdem erste Fundstücke der versunkenen Stadt entdeckt wurden, beschäftigten sich Forschenden knapp 100 Jahre lang mit der Frage: Wo verbirgt sich die Kirche des versunkenen Rungholt?

Schließlich müsse diese das Zentrum der Gemeinde gewesen sein, so Ruth Blankenfeldt, Archäologin am Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen gegenüber der „FAZ“. Nun fand sich ein Forschungsteam aus den verschiedensten Disziplinen zusammen, um das Rätsel zu lösen.

Das Ergebnis: Das Team hat bei den Forschungsarbeiten tatsächlich Teile der fast 700 Jahre verschollenen Kirche der Siedlung entdeckt! Entscheidend für den Fund war laut Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen die Kombination aus naturwissenschaftlicher und archäologischer Forschung. Mit einer Größe von rund 40 mal 15 Metern reihe sie sich ein in die großen Kirchen Nordfrieslands.

Lange Zeit hofften die Archäologen und Archäologinnen auf Zufälle, um die Kirche zu finden. Doch nachdem Geophysiker und -physikerinnen mittels magnetischer Messungen Karten erstellten und Proben entnommen werden konnten, führte die interdisziplinäre Zusammenarbeit zum Sensations-Fund der Kirche. „Es ist das, wonach alle gesucht haben“, fasst Dr. Bente Sven Majchczack zusammen, Archäologe vom Exzellenzcluster „Roots“ an der Kieler Christian-Albrechts-Universität.

Sehen Sie hier einen Twitter-Post der Universität Mainz zur gefundenen Kirche:

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten bereits erste Erkenntnisse zum Fundament der Rungholt-Kirche gewinnen. So ließe sich aus der Größe der Kirche der Wohlstand sowie eine wichtige Funktion für mehrere Siedlungen ableiten.

Versunkene Stadt im Wattenmeer: Die Legende von Rungholt 

Obwohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Forschung rund um die versunkene Stadt immer weiter Fortschritte machen, existiert bis heute eine mystische Legende rund um Rungholt. Die Atlantis-Legende von Plato besagt, dass der Reichtum die Bewohner und Bewohnerinnen verdorben und egoistisch gemacht habe.

So heißt es in einer Aufzeichnung aus dem Jahr 1666 außerdem, dass zwei alkoholisierte Bauern einem Schwein Alkohol eingeflößt haben sollen. Daraufhin hätten diese die Priester der Insel gefragt, um dem Tier die letzte Ölung zu spenden. Weil der Priester der Bitte der Bauern nicht nachkam, gossen sie Bier über verschiedenste Gegenstände, welche das letzte Abendmahl symbolisieren.

Daraufhin bestrafte der Priester die Bewohnerinnen und Bewohner von Rungholt für ihre Gotteslästerung. Danach verschwand die Insel im Meer. Ob an der Legende womöglich doch etwas Wahres dran ist? Die Forschung jedenfalls arbeitet mit Hochdruck daran, dem Mythos Rungholt auf die Spur zu kommen. (js)