Neuer Papst Leo XIV.Schatten liegt auf seiner Vergangenheit: Erst vor einigen Wochen wurde Anzeige öffentlich

Papst Leo XIV. bei seinem ersten Auftritt im Vatikan.

Papst Leo XIV. bei seinem ersten Auftritt im Vatikan.

Papst Leo XIV. also. Diesen Papstnamen hat sich der ehemalige US-Kardinal Robert Francis Prevost gegeben. Am Donnerstag wurde er von vielen Tausenden bejubelt, nachdem er gewählt worden war. Doch ein Schatten liegt auf seiner Vergangenheit.

von Martin Gätke  (mg)

Das pikante Schreiben wurde erst vor ein paar Wochen öffentlich, im März: Die Namen von sechs prominenten Kardinälen stehen darin, darunter auch einige „Papabili“ – Kardinäle, denen bei einer Papstwahl Chancen gegeben werden.

Peter Erdö, Victor Fernandez, Mario Grech, Luis Tagle, Kevin Farrell – und er: Robert Prevost, der heutige Papst Leo XIV.

Vorwürfe gegen Kardinale: Es geht um Missbrauchsfälle

Die Liste stammt von der Missbrauchsopfer-Vereinigung Snap. Snap steht für Survivors Network of those Abused by Priests (Netzwerk von Überlebenden, die von Priestern missbraucht wurden). Die Organisation wurde in den USA gegründet, dem Heimatland von Prevost. 

In der Anzeige von Snap wird den Kardinälen vorgeworfen, dass sie in ihrer Zeit als Diözesanleiter sexuellen Missbrauchsvorwürfen gegen Priester und Kirchenmitarbeiter nicht zügig oder umfassend genug nachgegangen seien, sie vertuscht oder mutmaßliche Täter nicht hart genug bestraft hätten. Auch der nun gewählte Papst steht in der Kritik wegen seines Umgangs mit Missbrauchsfällen.

Die Angeprangerten wiesen diese Anschuldigungen umgehend zurück. Sie verwiesen darauf, dass die meisten Fälle längst durch den Tod der Täter oder einschlägige Urteile der vatikanischen Glaubensbehörde erledigt seien. Das berichtet unter anderem „Domradio“.

Anzeige von Snap sorgt für Unruhe

Dabei ist wichtig zu wissen: Papst Franziskus hat das Kirchenrecht so verändert, dass jedermann eine solche „Anzeige“ veröffentlichen kann – sie muss rechtlich überhaupt nicht relevant sein. Die Aktivisten haben sie aus verschiedenen Medienberichten zusammengestellt. Laut „Domradio“ habe es dennoch für Unruhe gesorgt, als einige Kardinäle derart angeprangert wurden.

Konkret wird Prevost vorgeworfen, sexuellen Missbrauch in Chicago und Peru vertuscht zu haben. Im vergangenen Jahr wurde sowohl Prevost als auch sein Nachfolger in Chicago angeprangert, in den 1980er und 1990er Jahren keine Maßnahmen gegen zwei Augustiner ergriffen zu haben, die später wegen Missbrauchs verurteilt wurden. Während seiner Zeit als Bischof in Peru soll Prevost zudem eine Beschwerde von drei Schwestern über sexuellen Missbrauch vertuscht haben. Prevost bestreitet die Vorwürfe, die Diözese wies die Anschuldigungen zurück. Keiner der Fälle führte zu einem Gerichtsverfahren.

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Fest steht, dass die katholische Kirche schon lange von Skandalen um sexuellen Missbrauch an Minderjährigen erschüttert wird – auch während der Papstwahl waren derlei Fälle ein wichtiges Thema. In mindestens zwei Kardinals-Versammlungen im Vatikan wurde darüber gesprochen.

Der oberste Kinderschutzexperte im Vatikan, Jesuitenpater Hans Zollner, kritisierte die Snap-Anzeige laut „Domradio“ und erklärte, dass das Thema Missbrauch auch für den kommenden Papst zentral sein werde. Ebenso wichtig wie die Frage, wie sich ein neuer Papst in seiner Vergangenheit verhalten hat, sei laut Zollner jene, was er in Zukunft als Papst auf diesem Gebiet zu tun verspricht.