Die Schach-Welt trauert um Großmeister Daniel Naroditsky (†29). Nach seinem Tod rückt ein russischer Ex-Weltmeister in den Fokus, der ihn monatelang scharf attackierte.
„Kann sich zum Teufel scheren“Nach Tod von Schach-Star: Wut auf Ex-Weltmeister

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Schach-Großmeister Daniel Naroditsky aus den USA ist gestorben (Archivbild).
Die Schach-Welt steht unter Schock! Nur wenige Tage nach der Todesnachricht des amerikanischen Großmeisters und Kommentators Daniel Naroditsky ist die Trauer riesig. Doch sie mischt sich mit Wut – Wut auf einen anderen Star der Szene.
Die Anteilnahme am Tod des erst 29-Jährigen ist riesig. „Ich bin am Boden zerstört. Dies ist ein großer Verlust für die Welt des Schachs“, trauert Hikaru Nakamura, die Nummer 2 der Welt. Auch Ex-Weltmeister Magnus Carlsen, von vielen Experten und Expertinnen als bester Schachspieler aller Zeiten angesehen, beschrieb Naroditsky als einen „sehr respektvollen und sehr netten“ Menschen.
Doch im Zentrum der Debatte steht der russische Ex-Weltmeister Wladimir Kramnik (50). Er gehörte einst zur absoluten Weltspitze, machte aber zuletzt vor allem mit haltlosen Betrugsvorwürfen gegen andere Spieler und Spielerinnen von sich reden.
Sein angebliches Ziel: das Schachspiel „säubern“. Doch für seine Anschuldigungen lieferte Kramnik nie Beweise. Eines seiner Opfer: Daniel Naroditsky. Über ein Jahr lang wurde der beliebte US-Amerikaner, der in der Szene einen tadellosen Ruf genoss, vom Russen des Betrugs bezichtigt – ohne jeden Beleg.
Tod von Schach-Star: Erst kurz vorher bedrückender Livestream
Diese Hetzjagd ging an Naroditsky nicht spurlos vorbei. In seinem letzten Livestream, nur zwei Tage, bevor sein Tod bekannt wurde, klagte er: „Leider habe ich seit der Sache mit Kramnik das Gefühl, dass, sobald ich gut spiele, die Leute mir die schlechtesten Absichten unterstellen. Das Problem ist die anhaltende Wirkung davon.“
Nach Naroditskys Tod ist die Wut in der Schach-Szene riesig. Hikaru Nakamura findet drastische Worte: „Kramnik kann sich zum Teufel scheren. Er kann sich zum Teufel scheren und in der Hölle schmoren!“
Der junge indische Star Nihal Sarin (21) wirft Kramnik vor, Naroditsky „buchstäblich das Leben genommen“ zu haben. „Die unerbittlichen, unbegründeten Anschuldigungen (...) haben ihm enormen Druck und Schmerz bereitet. Das muss aufhören. Wenn angesehene Persönlichkeiten unbegründete Anschuldigungen verbreiten, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, werden echte Leben zerstört“, sagte er dem „Indian Express“.

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Wladimir KRAMNIK, hier am 26. Juni 2023 in Dortmund (Archivfoto), gehörte zur Schach-Weltspitze.
Der Fall Naroditsky ist kein Einzelfall. Naroditsky selbst hatte geäußert, dass Kramniks Kampagne schwerwiegende Auswirkungen auf seine psychische Gesundheit habe. Auch der tschechische Großmeister David Navara gab zu, nach Kramniks Attacken Suizidgedanken gehabt zu haben.
Konsequenzen gab es für Kramnik bisher kaum. Lediglich die Online-Plattform chess.com sperrte seinen Account wegen der wiederholten, haltlosen Vorwürfe. Ob der Welt-Schachverband FIDE nun reagiert, ist offen.
Ein Freund Naroditskys, Grant Oen, rief die Schach-Community trotz allem zur Mäßigung auf. Man solle sich an die positiven Erinnerungen an „Danya“, wie er ihn nannte, halten. „Danya würde niemals wollen, dass solche negativen Energien in seinem Namen verbreitet werden.“ Über die genaue Todesursache hat die Familie bisher keine Angaben gemacht. (red)
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