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Kriegsverletzungen durch BöllerBerliner Kliniken im Ausnahmezustand

Verschiedene Feuerwerksprodukte in bunten Schachteln

Böllerverkauf startet, Kliniken erwarten schwere Verletzungen (Symbolbild).

Mediziner mahnen zur Vorsicht angesichts gravierender Verletzungsgefahren in der Nacht zum Jahreswechsel.

Die Krankenhäuser der Metropole rüsten sich zum Jahresende erneut für eine Vielzahl von Notfällen, die durch Pyrotechnik verursacht werden. Aus ihrer beruflichen Praxis kennen die Spezialistinnen für Handchirurgie, Leila Harhaus-Wähner vom Unfallkrankenhaus Berlin sowie Maryam Wickert von der Charité, die erschütternden Situationen, die sich ereignen. Sie geben eine nachdrückliche Warnung vor den Risiken heraus, da die körperlichen Schäden häufig gravierend sind und für die Opfer lebenslange Folgen nach sich ziehen.

Im Unfallkrankenhaus Berlin allein wird in der Neujahrsnacht ein gewaltiger Patientenzustrom von 250 bis 300 Personen erwartet. Zum Kontrast: An einem gewöhnlichen Tag erfahren dort bloß 100 bis 120 Personen eine Behandlung. Nach Aussage von Harhaus-Wähner ist die Lage bis Mitternacht überwiegend ruhig, was sich jedoch abrupt ändert. Beginnend ab circa 01.00 Uhr oder 02.00 Uhr gibt es einen Zustrom von „sehr viele Patienten in sehr kurzer Zeit“. Maryam Wickert bekräftigt, dass in der Charité eine vergleichbare Situation herrscht, und charakterisiert Silvester sowie Neujahr als „absolute Großkampftage für uns“. Das berichtet „t-online“.

Verwundungen ähneln Kriegstraumata

Obwohl zahlreiche Patienten mit Brandwunden die Krankenhäuser aufsuchen, sehen sich die Medizinerteams ebenfalls mit äußerst gravierenden, durch Feuerwerkskörper verursachten Verletzungen konfrontiert. Zu diesen Verwundungen zählen abgetrennte Finger und mitunter sogar vollständige Extremitäten. Die Sprengkraft ist derart gewaltig, dass Wickert die Art der Verletzungen gelegentlich mit jenen aus einem bewaffneten Konflikt in Beziehung setzt. Laut der leitenden Ärztin sind sie „identisch mit Kriegsverletzungen“. Von diesen schlimmen Vorfällen ist eine spezielle demografische Gruppe vorrangig betroffen: Es handelt sich meist um jugendliche, männliche Personen, beginnend ab einem Alter von 13 Jahren.

Damit die Handfunktion bestmöglich rekonstruiert werden kann, herrscht in den Operationssälen eine fast ununterbrochene, hektische Betriebsamkeit. Das Unfallkrankenhaus Berlin antizipiert allein wegen pyrotechnischer Schäden 20 bis 40 chirurgische Eingriffe. Für die Spezialisten der Handchirurgie stellt sie häufig „die arbeitsreichste Nacht“ des kompletten Jahres dar. Deswegen wird die Mannschaft im Unfallkrankenhaus in diesem Jahr aus fünf gleichzeitig operierenden Chirurgen bestehen. Diese Aufgabe verlangt äußerste Genauigkeit sowie eine deutliche Behandlungsstrategie, was laut Wickert dem Lösen eines Puzzles ähnelt. Es existieren klar definierte Ziele: „Den Daumen wollen wir immer retten, da er für das Greifen mit der Hand elementar ist.“ Anschließend sind Zeige- und Mittelfinger an der Reihe, um den bedeutsamen „Drei-Punkte-Griff“ zu bewahren. Gelegentlich ist es sogar erforderlich, Gewebe eines abgetrennten Fingers in einen anderen, teilweise beschädigten Finger zu verpflanzen.

Ein erheblicher Teil dieser Verwundungen ließe sich vermeiden. Harhaus-Wähner beziffert die Quote der selbst verursachten Missgeschicke auf 70 bis 80 Prozent. Die restlichen 20 bis 30 Prozent der Betroffenen werden unbeabsichtigt zu Geschädigten, etwa wenn sie mit Pyrotechnik beworfen werden. Ein spezielles Risiko stellen illegale Kugelbomben dar, welche zu „sehr viel stärkeren Verletzungsmustern“ führen. Weil ihre Detonationen unkontrolliert erfolgen, wirkt sich die Schädigung oft auf den gesamten Körper aus, was den Bauch und die Beine einschließt. Harhaus-Wähner stellt klar, dass die Mehrheit dieser Explosionsverletzungen bleibende Beeinträchtigungen verursacht. Sie sagt: „Der überwiegende Teil der Verletzungen trägt tatsächlich lebenslange Folgen mit sich, weil die Sprengkraft dazu führt, dass nicht nur einzelne Strukturen verletzt sind, sondern immer mehrere. Das heilt praktisch nie ganz folgenlos ab.“ (red)

Dieser Inhalt wurde mit Hilfe von KI erstellt.