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„Wollte nur ein Auto abholen“Kronzeuge packt aus: So landete er in Kölner Folter-Villa

In dieser Villa in Rodenkirchen beendete ein SEK der Polizei eine Geiselnahme.

In dieser Villa in Rodenkirchen beendete ein SEK der Polizei eine Geiselnahme.

Brutale Details im Kölner Geisel-Prozess: Ein Angeklagter packt als Kronzeuge über die Folter-Villa in Rodenkirchen aus.

Ein riesiges Polizeiaufgebot, ein Hubschrauber, der den Kronzeugen aus der JVA Aachen einfliegt – der zweite Tag im Prozess um die Geiselnahme in einer Rodenkirchener Villa startete unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen. Schwer bewaffnete Polizisten und Polizistinnen sicherten das Landgericht, als Mohamed B. (24) in den Saal geführt wurde.

Und der Mann, der als einer von sieben Angeklagten vor Gericht steht, packte aus! Er will nur zufällig in das Verbrechen hineingeraten sein, das bundesweit für Schlagzeilen sorgte. „Ich sollte da eigentlich nur ein Auto abholen“, behauptete Mohamed B. vor Gericht. Bandenboss Sermet A. habe ihn in die Villa im schicken Eibenweg geschickt.

Doch statt eines Autos fand er eine schreckliche Szene vor: Im Keller der Villa saß ein gefesseltes Pärchen aus Bochum. Die Drogenbande hatte die beiden verschleppt, weil sie glaubte, die Opfer oder ihre Angehörigen hätten 350 Kilo Marihuana aus einem Lager in Hürth geklaut. Beweise dafür? Gab es nie.

Als er die beiden Opfer sah, habe er fassungslos gerufen: „Was für Amateure!“ Der Grund: Die Geiseln hatten keine Augenbinden. Das habe er dann schnell nachgeholt, so der Angeklagte.

Mohamed B. mit bizarrer Mischung aus Mitleid und Brutalität

Dann schilderte Mohamed B. eine bizarre Mischung aus Mitleid und Brutalität. Er habe dem männlichen Opfer, das „glühend heiß“ war, Wasser über den Körper geschüttet, um es abzukühlen. Doch er gab auch zu, eine grausame Scheinhinrichtung inszeniert zu haben.

Er habe eine ungeladene Pistole an den Kopf des Mannes gehalten und abgedrückt. Seine zynischen Worte davor: „Du wirst bald Gott sehen“. Selbst als er der Geisel Wasser zu trinken gab, konnte er sich einen fiesen Kommentar nicht verkneifen: „Jetzt trinkst du Gift.“

Warum diese Todesdrohungen? „Ich wusste, dass Sermet den nicht einfach gehen lässt“, erklärte B. seine Taten. Die männliche Geisel musste sich ausziehen, wurde geschlagen, getreten und dabei gefilmt. Die schrecklichen Videos schickten die Täter sogar an den Bruder des Opfers.

Das Ende der Geiselnahme war so chaotisch wie die Tat selbst. Offenbar hatte die Bande den Überblick verloren. Ein Komplize, der sich im Netz „Goldpate“ nannte, setzte sich nach Gelsenkirchen ab und rief die Polizei. Ein Spezialeinsatzkommando stürmte daraufhin die Villa, befreite die Geiseln und nahm mehrere Verdächtige fest.

Mohamed B. hat nicht nur über die Geiselnahme, sondern auch über den gesamten „Kölner Drogenkrieg“ ausgepackt und seine früheren Komplizen schwer belastet. Durch seine Hilfe bei der Aufklärung erhoffe er sich einen deutlichen Strafrabatt, so seine Verteidigerin Karin Bölter. Beim nächsten Prozesstag wollen sich weitere Angeklagte äußern. (red)