Eigentlich ist die italienische Stadt Orbetello ein traumhaftes Reiseziel. Doch in diesem Jahr erleben die Menschen, die in dem Ort leben oder ihn besuchen, eine verheerende Plage. Erst die Hitze und die Dürre, jetzt das nächste verheerende Problem. Der Tourismus in der Region bricht drastisch ein.
„Psychologischer Horror“Italien-Reisende fliehen – beunruhigende „Wellen“ vor Restaurants

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Die italienische Toskana hat derzeit mit einer massiven Mückenplage zu kämpfen, abends werden bereits Lichter an bestimmten Orten ausgeschaltet, heißt es. Der Tourismus in der Region bricht bereits zu einem großen Teil ein. Unser Archivbild (2017) zeigt die Landschaft der Toskana durch ein Zugfenster.
Es sind bittere Zeiten für Italiens Urlaubs-Regionen: Das Land ächzt weiterhin unter einer der stärksten Hitzewellen aller Zeiten. Mit der Hitze kommt eine historische Dürre, der Grundwasserspiegel sinkt immer weiter, der längste Fluss Italiens, der Po, trocknet aus und mit ihm die Einflussgebiete. Der Po allein ist zu fast einem Drittel an der landwirtschaftlichen Produktion des Landes beteiligt.
Die Folgen: eingeschränkte Trinkwasserversorgung, Wasserbeschränkungen in vielen Gemeinden, schlechte Bewässerung von Feldern. Laut italienischen Medien erleben die Provinz Parma und weitere Regionen eine schwere Notsituation.
Italien: Urlaubsregion muss gegen massive Mückenplage kämpfen
Und wäre das nicht genug, muss die nächste Urlaubsregion im Land mit neuen verheerenden Problemen kämpfen: In Orbetello in der Toskana tobt eine Plage, die bereits einen Großteil des Tourismus hat einbrechen lassen.
Wie die italienische „Corriere della Sera“ berichtet, vermiesen derzeit abertausende Insekten vielen Touristinnen und Touristen in der Region den Urlaub. Unzählige Mücken sorgen erst in Orbetello, mittlerweile auch in der Gemeinde Argentario dafür, dass die Menschen sich nicht abends nicht mehr draußen aufhalten können. Die Gastronomen verzweifeln und bitten dringend um Hilfe.
In den sozialen Medien protestieren bereits demnach viele Anwohner: „Das gab es schon immer in den heißesten Zeiten, aber wie in diesem Jahr; nein, nie!“, heißt es dort. An beliebten Sehenswürdigkeiten in Orbetello, wie der Promenade, werden abends bereits die Lichter ausgeschaltet, das Nachtleben ist bereits stark eingeschränkt, Restaurants schließen früher, mancherorts ist es dort, wo eigentlich in den Abendstunden das Leben tobt, wie ausgestorben.
Die Zeitung zitiert einen genervten Mitarbeiter aus dem „Caffè sul Corso di Luigi Drogo“: „Wir sind gezwungen, zwei Stunden früher zu schließen. Freie Tische und weglaufende Kunden: Das ist unsere Saison 2022.“
Normalerweise sind die Gaststätten in Orbetello beliebt, das für seine Lagune und die langen Sandstrände mit dem Blick auf den Monte Argentario bekannt ist. Dieses Jahr ist es anders.
Italien: Gastronomen verzweifelt - „Psychologischer Horror“
Marco Di Pietro vom Restaurant „Ovosodo“ spricht Klartext: „Das Geschäft ist trotz der bereits getroffenen Maßnahmen um 60 Prozent eingebrochen!“ Einige Betriebe haben die Außenbeleuchtung ausgeschaltet, nehmen Reservierungen für das Abendessen nur bis 21 Uhr entgegen, aber es hat wenig dazu beigetragen, den Handel anzukurbeln. Doch es helfe wenig. „Psychologischer Horror“, so nennt es Marco Di Pietro. „Tausende von Mücken versammeln sich um die Glühbirnen und schwirren sich wie eine beunruhigende Welle zwischen den Tischen im Freien“, so beschreibt er es.
Auch die Behörden der toskanischen Stadt haben die Bewohnerinnen und Bewohner aufgefordert, ihre Fenster zu schließen und keine Wäsche mehr aufzuhängen. In dieser Woche seien über Nacht bereits verschiedene Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung vorgenommen worden.
Italien: „Orbetello wurde von den Insekten völlig überrannt“
„La Repubblica“ zitierte einen Besucher aus Rom mit den Worten, Orbetello sei von den Insekten „völlig überrannt“ worden. „Seit fast einem Monat ist es unmöglich, entlang der Lagune zu gehen. Jetzt ist es unmöglich geworden, draußen zu speisen oder einen Aperitif zu sich zu nehmen. Die Situation war gestern so extrem, dass viele Geschäfte und Restaurants gegen 21 Uhr schließen mussten.“
Ein Biologe erklärte, dass der Befall mit den Bedingungen in der Lagune und den derzeit hohen Temperaturen zusammenhänge. Die habe die Anzahl der natürlichen Feinde von Mücken, Frösche zum Beispiel oder Fledermäuse und verschiedene Vögel, erheblich reduziert.
Leonardo Marras, ein Politiker in der Toskana, sagte: „Heute ist es schwierig, eine Lösung für ein Problem zu finden, das hätte früher geschehen müssen. Was ich jetzt sagen kann, ist, dass wir für alle Bürger da sind, die Bedenken äußern oder deren Saison durch diese Insekten ruiniert wurde.“ (mg)