Vor einem Supermarkt im Norden Baden-Württembergs geraten zwei Jugendliche mit zwei Kindern in Streit. Als die Kinder mit Fahrrad und Tretroller wegfahren, kommt es zu einer tödlichen Eskalation.
Schock nach Horror-TatKind (12) stirbt noch auf Parkplatz

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Markierungen mit Sprühfarben und Trauerbekundungen sind auf einem Parkplatz zu sehen. Nach einem Streit auf einem Parkplatz soll ein 18-Jähriger einen 12 Jahre alten Jungen in Niedernhall (Hohenlohekreis) mit dem Auto verfolgt, angefahren und tödlich verletzt haben.
Aktualisiert12.09.2025, 20:36
Am Tag nach dem tödlichen Streit ist das weiße Spray der Spurensicherung auf den Pflastersteinen des Parkplatzes zu erkennen. Es folgt der Fahrspur und kennzeichnet den Ort des Aufpralls.
Dort, wo die weiße Farbe die Umrisse eines Körpers imitiert, liegt ein lila Teddy zwischen Kerzen und Blumen.
Erinnert wird an einen Jungen, der auf dem Parkplatz in Niedernhall im Norden Baden-Württembergs von einem 18-Jährigen nach einem Streit mit dem Auto verfolgt und absichtlich angefahren worden sein soll. Das Kind starb noch an Ort und Stelle, der Heranwachsende wurde festgenommen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem jungen Deutschen Totschlag vor, es wurde Haftbefehl gegen ihn erlassen. Ob es sich bei der Tat auch um Mord handeln könnte, sei noch Teil der Ermittlungen, sagte eine Sprecherin der Behörde.
Mit Fahrrad und Tretroller
Eine halbe Stunde vor Geschäftsschluss sei der 18-Jährige im Beisein seines zwei Jahre jüngeren Freundes mit dem 12-Jährigen und seinem ein Jahr älteren Freund in Streit geraten. Worum es dabei ging? Was den 18-Jährigen so in Rage gebracht haben kann? Dazu macht die Staatsanwaltschaft noch keine Angaben.
Was aber für die Ermittler als sicher gilt: Als sich die beiden Kinder auf einem Fahrrad und einem Tretroller entfernen, setzen sich die beiden Älteren in das Auto des 18-Jährigen und der Heranwachsende, der laut Polizei einen Führerschein besitzt, gibt Gas.
Kind noch auf dem Parkplatz gestorben
Der 12-Jährige sei auf seinem Fahrrad angefahren worden, teilte die Polizei mit. „Das Kind stürzte daraufhin und wurde so schwer verletzt, dass es unmittelbar auf dem Parkplatz verstarb“, heißt es weiter. Der 13-jährige Freund des Opfers blieb unverletzt.
Die Ermittler hoffen auf die Aussagen von Augenzeugen, die noch vernommen werden. „Es gab mehrere Zeugen, die das Geschehen beobachten konnten“, teilte die Polizei mit. Denn der Supermarkt wäre am Abend planmäßig erst eine halbe Stunde später geschlossen worden, auch der Streit könnte von anderen gehört worden sein. Ein Sachverständiger prüfte den Tatort bereits am Donnerstagabend und soll ein Gutachten zum genauen Hergang der Tat erstellen.
Unklar ist bisher, ob sich der mutmaßliche Täter und das Opfer kannten. „Dies ist Bestandteil der Ermittlungen“, sagte ein Polizeisprecher. Die Kinder seien aber sehr wahrscheinlich alleine unterwegs gewesen.
Die kleine Gemeinde Niedernhall zeigte sich schockiert. „Wir sind tief betroffen und fassungslos“, sagte Achim Beck, der Bürgermeister der etwas mehr als 4.000 Einwohner zählenden Kommune. „Wir können das gar nicht fassen und sind auch ratlos.“
Kampfsporttrainer Timmy Sarantoudis wohnt gleich beim Parkplatz. Er trainierte den Jungen bereits, als dieser sechs Jahre alt war, erzählt er. „Der Junge hat Boxen und Karate bei mir gemacht, ich habe ihn zweimal in der Woche im Training gehabt“, sagt der 36-Jährige.
Es sei für alle schlimm, so etwas zu erleben oder zu sehen. Morgen wolle er mit seinem Team zur Europameisterschaft fahren. „Und dabei sind welche, die mit ihm zu tun hatten. Jetzt muss ich erst mal schauen, wie die reagieren und wie die drauf sind. Wir müssen darüber reden auf jeden Fall auch Klartext machen und Mut machen.“
Bei Heranwachsenden müssen Richter entscheiden
Mit 18 Jahren zählt ein Angeklagter in Deutschland rechtlich noch zu den Heranwachsenden. Bei ihnen entscheidet das Gericht, ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht gilt. Maßgeblich ist, ob der Täter in seiner Entwicklung noch einem Jugendlichen gleicht oder ob die Tat typisch jugendlich war.
Unter Jugendstrafrecht kann Totschlag mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden, in besonders schweren Fällen auch mit bis zu 15 Jahren. Wird Erwachsenenstrafrecht angewendet, drohen für Totschlag nach dem Gesetz mindestens 5 und höchstens 15 Jahre Freiheitsstrafe.
Niedernhall liegt im Hohenlohekreis im fränkisch geprägten Nordosten Baden-Württembergs. Die Kommune gehört zur Region Heilbronn-Franken und hat etwas mehr als 4.000 Einwohner. (dpa)