Mit fast 90 kehrte Margot Friedländer zurück nach Berlin, ins Land der Täter. Unermüdlich engagierte sich die Holocaust-Zeitzeugin für das Erinnern. Nun ist sie gestorben – ihre Worte bleiben.
Sie sollte heute wichtigen Orden bekommenHolocaust-Überlebende Margot Friedländer tot – ihre Worte bleiben für immer

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Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer 2021 bei der Preisverleihung des „Preis für Verständigung und Toleranz“ in Berlin.
Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer ist tot. Sie starb am Freitag (9. Mai) im Alter von 103 Jahren, wie die Margot Friedländer Stiftung in Berlin mitteilte.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der ihr am Freitag das Große Bundesverdienstkreuz hatte verleihen wollen, kondolierte und erklärte, Friedländer habe „unserem Land Versöhnung geschenkt“. Vor der Bekanntgabe ihres Todes war der Termin verschoben worden, darum habe Friedländer selbst gebeten, wie Steinmeiers Sprecherin Cerstin Gammelin auf Anfrage der „Jüdischen Allgemeinen“ sagte. Die Übergabe sollte nachgeholt werden.
Holocaust-Überlebende Margot Friedländer ist tot
Friedländer war nach Jahrzehnten als Emigrantin in New York im hohen Alter nach Deutschland zurückgekehrt. Die Berliner Ehrenbürgerin engagierte sich unermüdlich gegen das Vergessen, besonders die junge Generation lag ihr am Herzen. Bekannt wurde ihre Geschichte durch einen Dokumentarfilm und ihre Memoiren. Sie bekam für ihren Einsatz viele Preise und viel Anerkennung - bis hin zum Besuch von US-Präsident Joe Biden, bei dem sie im Schloss Bellevue mit dabei war.
Margot Friedländer wurde 1921 in eine jüdische Familie geboren. Ihre Mutter und ihr Bruder wurden im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.
Sie selbst konnte dank vieler Helfer zunächst untertauchen, wurde dann aber gefasst und ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Sie überlebte, so wie ihr späterer Mann, mit dem sie schließlich nach Amerika ging.
„Hass ist mir fremd“, sagte sie einmal
Aus Friedländers direkter Familie überlebte niemand außer ihr den Holocaust. Dennoch zog sie mit fast 88, nach dem Tod ihres Mannes, wieder zurück in ihre Heimat, nach Berlin. In das Land der Täter. „Hass ist mir fremd“, sagte sie einmal.
Sie bekam in ihrer alten Heimat viel Anerkennung - eine liebenswerte, rüstige alte Dame, die so eindrucksvoll erzählen konnte. Ein Preis für Schüler-Projekte zum Holocaust und zur heutigen Erinnerungskultur trägt ihren Namen. Im Juni 2018 - mit 96 Jahren - wurde sie Berliner Ehrenbürgerin, zu ihrem 100. Geburtstag erschienen ein Interviewbuch und ein Bildband.
Im Herbst 2023 widmete das ZDF ihr ein Dokudrama - da lag die Pogrom-Nacht von 1938 85 Jahre zurück. Noch im Alter von 102 Jahren war sie zu Gast bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Im April 2025 trat sie als Festrednerin beim Bundespresseball am Brandenburger Tor auf.
Friedländer sprach vor Schülern und bei offiziellen Gedenkfeiern, darunter noch mit 100 Jahren im EU-Parlament in Brüssel. 2011 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz. Eine ihrer Botschaften war: „Was war, können wir nicht mehr ändern, aber es darf nie wieder geschehen.“ (dpa/mg)