„Nie dagewesene Katastrophe“Bundesregierung schlägt Alarm – Giftwelle rollt auf Ostsee zu

Unzählige tote Fische treiben am Donnerstag (11. August) im flachen Wasser des deutsch-polnischen Grenzflusses Oder. Das Fischsterben in der Oder beunruhigt.

Unzählige tote Fische treiben am Donnerstag (11. August) im flachen Wasser des deutsch-polnischen Grenzflusses Oder. Das Fischsterben in dem Fluss beunruhigt seit Tagen die Menschen in Brandenburg an der Grenze zu Polen. Jetzt rollt die Giftwelle auf die Ostsee zu.

Das massenhafte Fischsterben in der Oder versetzt nicht nur Naturschützerinnen und -schützer im Grenzgebiet zwischen Polen und Deutschland in Alarm. Auch die Bundesumweltministerin erklärte, sie sei „sehr besorgt“. Die Giftwelle rollt derweil auf die Ostsee zu.

Tonnenweise tote Fische treiben an der Oberfläche, ein Teil davon auf Höhe der Stadt Frankfurt (Oder) und umliegender Orte. Naturschützerinnen und -schützer sprechen bereits von einer Katastrophe. Was ist mit der Oder passiert? Wurden giftige Abfälle mit Absicht in den Fluss gekippt?

Das jedenfalls deutete Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki in einem Video auf Facebook an: „Es ist wahrscheinlich, dass eine riesige Menge an chemischen Abfällen in den Fluss gekippt wurde, und das in voller Kenntnis der Risiken und Folgen“, sagte er darin. Alle Behörden seien in Alarmbereitschaft versetzt worden, man untersuche das Wasser täglich. „Die wichtigste Aufgabe ist es aber jetzt, den Täter, den Giftmischer zu finden.“

Ostsee: Giftwelle rollt auf Stettiner Haff zu

Derweil rollt die riesige Giftwelle auf das Stettiner Haff zu, das Umweltministerium rechnet mit Auswirkungen der Oder-Katastrophe auch auf die Ostsee. Am Freitag teilte das Ministerium mit, es sei damit zu rechnen, dass die Welle der Belastungen in der Oder die Odermündung in das Oderhaff bei Szczecin am Abend erreichen könnte. 

Je nachdem, wie Wind und Strömungen stünden, könnte dies Auswirkungen auf den deutschen Teil des Oderhaffs haben. Genaueres sei im Laufe des Samstags zu erwarten.

Vorsorglich empfiehlt das Ministerium aber schon jetzt, auf das Angeln und Fischen im Kleinen Haff zu verzichten oder Wasser zu entnehmen. Die Behörden würden sämtliche Entwicklungen aufmerksam beobachten. Der brandenburgische Umweltminister Axel Vogel (Grüne) äußerte bereits gegenüber dem „Nordkurier“ die Hoffnung, dass die Giftwelle sich auf dem Weg in Richtung Ostsee immer weiter verdünne, „sodass ich davon ausgehe, dass es in der Ostsee zu keinen gravierenden Schäden mehr kommt.“

Fischsterben in der Oder: „Umweltkatastrophe von nie dagewesenem Ausmaß“

Nicht nur in Frankfurt (Oder), auch in Schwedt/Oder sei ein regelrechter Teppich von toten Fischen gesichtet worden. Der Landkreis sammelt zusammen mit Feuerwehr und THW sowie Fischbetrieben die toten Fische ein, eine riesige Kadaver-Sammelaktion ist am Wochenende gestartet. In Polen sind laut Wasserbehörde bereits zehn Tonnen verendeter Fisch geborgen worden. 

„Für uns ist diese Vergiftungssituation, die sich jetzt in der Oder aufgebaut hat, eine Umweltkatastrophe von noch nie dagewesenem Ausmaß,“ erklärte die Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (SPD) im RBB-„inforadio“ am Samstag. Der Nationalpark Unteres Odertal habe große Befürchtungen vor gravierenden Auswirkungen.

Fischsterben in der Oder: Ursache noch weiter unklar

Die genaue Ursache für das Fischsterben bleibt noch unklar, eine Ursachenbestimmung steht laut Vogel weiter aus. „Es kann sein, dass die Quecksilberkonzentration eine Ursache ist, es ist aber auch möglich, dass eine ganze Reihe von Giftstoffen dafür verantwortlich sein könnten.

Und da wir nicht wissen, wonach genau wir suchen, müssen wir umfangreiche Untersuchungen vornehmen, um nach dem Ausschlussverfahren vorzugehen und die etwaigen Giftstoffe, die sich in dem Wasser befinden, herauszufiltern“, sagte der Minister.

Vogel kritisierte die polnischen Behörden, die die deutsche Seite gar nicht oder erst zu spät über die Giftwelle informiert habe. „Dadurch konnten wir angrenzende Gewässer, wie die alte Oder im Bereich des Oderbruchs, nicht rechtzeitig absperren, sodass auch dort verendete Fische gefunden wurden“.

Fischsterben in der Oder: Bundesregierung warnt

Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat ebenfalls Alarm geschlagen. Sie warnte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Hier bahnt sich eine Umweltkatastrophe an.“

„Das Fischsterben in der Oder erschüttert und besorgt mich sehr“, sagte die Ministerin weiter. Auch sie poche auf eine lückenlose Aufklärung der Geschehnisse: „Bislang ist die Ursache noch unklar und eine lückenlose Aufklärung ist wichtig. Im Moment wird von vielen Seiten mit Hochdruck daran gearbeitet, die Gründe für das massenhafte Fischsterben aufzuklären und somit potenzielle weitere Folgeschäden möglichst gering zu halten.“ (mg)