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Deutschlands Schrumpf-HauptstadtEin Bewohner sagt: „Ich mache als Letzter das Licht aus“

Rissiges Sparschwein mit Kommunalkasse-Aufschrift auf Münzen vor Stadt

Symbolisch: Ein rissiges Sparschwein „Kommunalkasse“ auf Münzen vor einem Stadthintergrund (Symbolbild).

Suhl verlor die meisten Einwohner. Was bedeutet das?

Suhl in Thüringen ist die Stadt in Deutschland, die am stärksten von Abwanderung betroffen ist. Nirgendwo sonst ist der Altersdurchschnitt mit fast 52 Jahren höher. Einer der verbliebenen Einwohner ist Matthias Kade, der die Veränderungen hautnah miterlebt.

In den 70er- und 80er-Jahren boomte die Wirtschaft und Suhl wurde zur Bezirkshauptstadt ausgebaut, die Bevölkerung wuchs von 26.000 auf 56.000 Menschen. Doch nach der Wende kam der Einbruch: Große Betriebe wie das „Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann“ schlossen, was eine massive Abwanderungswelle auslöste. Bis Ende 2024 sank die Einwohnerzahl auf rund 34.700. Das berichtet „FOCUS online“.

Abrissbagger statt blühendes Leben

Seit rund zwei Jahrzehnten werden Teile der ehemaligen DDR-Vorzeige-Plattenbausiedlung „Suhl-Nord“ abgerissen. Matthias Kade (66), der seit 1984 dort lebt, beklagt den Verfall. „Wir fühlen uns hier mittlerweile nur noch als Bürger 3. Klasse“, sagt der gelernte Schlosser. Ihm fehlt vor allem sein soziales Umfeld, da viele Freunde wegzogen oder bereits verstorben sind.

Obwohl die Mieten mit fünf Euro pro Quadratmeter günstig sind, fühlt sich Kade von der Stadt vergessen. Die Infrastruktur ist zusammengebrochen: Geschäfte, Arztpraxen und Gaststätten gibt es nicht mehr. Nur sein Wohnkomplex und zwei weitere spärlich belegte Häuserzeilen sind von der einstigen Siedlung übrig geblieben.

Neue Hoffnung durch Holz und Kultur

Doch es gibt auch Hoffnungsschimmer. Der studierte Journalist Hendrik Neukirchner will dem Negativtrend entgegenwirken. Mit seinem Verein „Provinzkultur“ und dem Festival „Provinzschrei“ holt er seit 2001 Kultur in die Region, zog fast 100.000 Besucher an und präsentierte 4500 Künstler. Er ist überzeugt: „Suhl wird sich gesundschrumpfen“.

Die Stadtplanung setzt auf eine wirtschaftliche Neuausrichtung. Auf einer Fläche von 24 Hektar in Suhl-Nord soll ein Ausbildungs- und Forschungszentrum für die nachhaltige Nutzung von Holz entstehen. Stadtplanerin Adriane Winkler erklärt, das Ziel sei es, den Einwohnerschwund zu stoppen und die Zahl zwischen 36.000 und 40.000 zu stabilisieren.

Ein weiterer positiver Aspekt ist der Sport. Mit 23,3 Prozent an Vereinsmitgliedern hat Suhl eine der höchsten Quoten in Thüringen. Pierre Döring, Präsident des Stadtsportbundes, beobachtet einen neuen Trend: „Ich sehe, dass junge Menschen zwar zum Studieren die Stadt verlassen, nach dem Studium aber immer häufiger wieder zurückkommen“. (red)

Dieser Inhalt wurde mit Hilfe von KI erstellt.