Mit dem grundlosen Ausfall einer Linie am Wochenende hat National Express in NRW für viel Aufregung gesorgt.
NRW-Verkehr sabotiert!Privatbahn lässt Züge absichtlich ausfallen

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Ein Zug der Bahngesellschaft National Express steht im Kölner Hauptbahnhof.
Das hat es noch nie gegeben!
Am vergangenen Wochenende stellte National Express den Betrieb auf der Linie des Regional-Express 4 zwischen Hamm, Wuppertal, Düsseldorf, Mönchengladbach und Aachen komplett ein – obwohl genügend Personal und Züge bereitstanden. Ohne Vorwarnung und Angabe von Gründen, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet.
Tausende Pendler und Pendlerinnen, darunter viele Besucher und Besucherinnen der Bundesliga-Topspiele Mönchengladbach gegen München und Dortmund gegen Köln, waren die Gelackmeierten.
Doch was steckt dahinter? Normalerweise streiken Lokführer und Lokführerinnen oder Fahrdienstleiter und Fahrdienstleiterinnen. Diesmal aber streikt ein ganzes Bahnunternehmen für mehr Geld!
Hinter dem Chaos steckt offenbar ein Konzern in Geldnot
Es geht um eine irrsinnige Summe: Bis zu 400 Millionen Euro sollen die Verkehrsverbünde go.Rheinland und Rhein-Ruhr (VRR) drauflegen, damit National Express seine Züge auf sieben Linien weiter durch NRW fahren lässt.
Hinter dem Chaos steckt offenbar ein Konzern in Geldnot. National Express gehört zur britischen Mobico Group, deren Aktienkurs seit Jahren im Keller ist. In den USA wurde bereits das Schulbus-Geschäft verkauft. Nun scheint der Druck auch in NRW anzukommen, wo die Gruppe nur noch Züge betreibt und seit knapp zwei Jahren in Schieflage geraten ist.
Aber warum sollen die Verkehrsverbünde in NRW mit öffentlichen Geldern britischen Aktionären und Aktionärinnen aus der Patsche helfen? Weil ein mögliches Aus von National Express auch das Land teuer zu stehen käme. Mit sieben Linien sind die Briten die Nummer zwei in NRW. Sollten diese Züge plötzlich wegfallen, würde der gesamte Regionalverkehr in NRW zusammenbrechen.
Brisante interne Mail der Geschäftsführung
Wird denn überhaupt noch über die Forderungen verhandelt? Die Gespräche liefen monatelang hinter den Kulissen. Die Verbünde sind zu einem Entgegenkommen bereit, doch bei den finanziellen Vorstellungen liegt man meilenweit auseinander. Von den 400 Millionen Euro zusätzlich will man nichts wissen.
Erst im Sommer 2024 hatten alle Bahnunternehmen einem neuen Vertrag mit besseren Konditionen zugestimmt. Alle, auch National Express. Doch kurz danach monierte die Firma, das sei zu wenig. Zwei Abmahnungen wegen schlechter Leistungen blieben offenbar ohne Wirkung.
Nach dem „Streik“ vom Wochenende ist der Ofen aber erstmal aus. Die Verkehrsverbünde haben die Verhandlungen gestoppt. Man lasse sich nicht erpressen, heißt es. Sämtliche Zugausfälle und Verspätungen würden mit Strafzahlungen belegt, so go.Rheinland-Geschäftsführer Marcel Winter.
Besonders brisant ist eine interne Mail der Geschäftsführung an die eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Darin heißt es wörtlich: „Wie viele von euch schon wissen, befinden wir uns derzeit mit den Aufgabenträgern in einem intensiven Austausch (...) Bisher haben die Gespräche kein greifbares Ergebnis erzielt (…) Im Zuge dessen werden wir am kommenden Wochenende (…) alle Fahrten der Linie RE 4 einbehalten. Es liegen keine personellen oder materiellen Engpässe zum Betrieb der Leistungen vor.“
Klartext: Der Ausfall war reine Absicht!
Und was sagt National Express dazu? Zum Streit mit den Verkehrsverbünden: nichts. Auf mehrfache Nachfrage teilt sie nur mit, dass ab diesem Wochenende der RE 6 und RE 11 wieder im Vollbetrieb fahren und beim RE 4 wieder Nachtfahrten an Wochenenden angeboten werden. Zum Fahrplanwechsel im Dezember sei vorgesehen, dass man auf allen Linien wieder zum Vollbetrieb zurückkehren werde.
Auch die Landesregierung ist empört. Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) spricht in einem Schreiben an die Geschäftsführer von einer „unzulässigen Eskalation“. Vertragsverhandlungen „auf dem Rücken der Fahrgäste“ seien „nicht akzeptabel“.
Der Fahrgastverband Pro Bahn sieht ein Systemproblem: Bei Ausschreibungen werde zu oft nur auf den Preis geschielt. Das Vorgehen von National Express sei nichts anderes als „Erpressung der Aufgabenträger“, so der Bundesvorsitzende Detlef Neuß. Sein bitteres Fazit: „Und das auf dem Rücken der Fahrgäste.“ (red)
