Kommentar zum Abi-ChaosPeinlich, ignorant: Vieles in NRW gleicht einem Trümmerfeld

Schülerinnen und Schüler sitzen während der schriftlichen Abiturprüfung in Biologie in einem Klassenzimmer im Leibniz-Gymnasium.

Zumindest in Baden-Württemberg (hier in Rottweil) konnten die Abiturprüfungen am Mittwoch (19. April 2023) wie geplant starten.

Die Abi-Download-Panne ist ein Debakel für die noch recht neue Schulministerin. Vor allem bei ihrer Kommunikation hat sich die Verwaltungsjuristin angreifbar gemacht. Ein Kommentar zur Lage.

von Marcel Schwamborn (msw)

Durchgefallen! Kein anderes Zeugnis kann dem NRW-Schulministerium aufgrund des Versagens bei der Bereitstellung der Abi-Prüfungen ausgestellt werden. Digitale Inkompetenz gepaart mit desaströser Krisenkommunikation führten zum größtmöglichen Schaden.

Der Abiturjahrgang 2023 ist ohnehin gebeutelt genug. Während der gesamten Oberstufe wurden Schülerinnen und Schüler von den Auswirkungen der Corona-Pandemie hart getroffen. Ein Homeschooling-Desaster reihte sich ans andere. Der massive Unterrichtsausfall hielt bis zuletzt an.

Abi-Jahrgang 2023 litt bereits enorm unter dem Homeschooling-Desaster

Viele Beteiligte – auch Lehrkräfte – wurden in dieser Zeit bereits hohen psychischen Belastungen ausgesetzt, weil das Land es jahrelang versäumte, seine Schulen den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Und nun wurden alle am Dienstag (18. April 2023) im Endspurt der Lernphase stundenlang im Unklaren gelassen.

Auch die aktuelle Abi-Posse bietet so viele Belege, die zeigen, in welch erbärmlichem Zustand das selbsternannte „Bildungsland“ NRW ist. Da hockten Lehrkräfte stundenlang verzweifelt vor Computern, um Klausuren herunterzuladen. Andere versuchten, die Aufgaben per USB-Stick zu verteilen. In Erdkunde wurden die Aufgaben per Kurier geliefert, da viele Schulen keine Farbkopierer haben, um diese zu vervielfältigen.

Wer gedacht hatte, dass nach Chaos-Ministerin Yvonne Gebauer (56, FDP) nun unter Dorothee Feller (56, CDU) Besserung einziehen werde, kennt nun auch die bittere Wahrheit. In einem analogen Schulsystem, das größtenteils noch Overheadprojektoren, Kreidetafeln und lose Blattsammlungen für den Unterricht verwendet, kann offenbar nicht erwartet werden, dass ein an sich simpler Vorgang wie das Bereitstellen von Klausuren funktioniert.

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Schulen wie private Haushalte verfügen weiterhin nicht über genügend IT-Infrastruktur und entsprechende Kenntnisse. Dass bei der aktuellen Abi-Panne ausgerechnet die sogenannten MINT-Fächer wie Informatik, Physik, Biologie und Technik betroffen waren, ist nur noch mit Galgenhumor zu kommentieren.

NRW-Schulministerium auch unter neuer Führung nicht besser aufgestellt

Dass das Ministerium für das Bereitstellen von Downloads sogar eine externe Firma beauftragen muss, beweist auch, wie es um den Digitalisierungsstand dort bestellt ist. Leidtragende sind die angehenden Abiturientinnen und Abiturienten. Ihnen wurde vor der Ziellinie ein weiterer Knüppel in die Beine geworfen.

Den Ersatztermin der Prüfungen nun auch noch auf einen Bahn-Streiktag und das muslimische Zuckerfest zu legen, ist ein weiterer Fehltritt des Ministeriums. Nicht nur in Sachen Bildung gleicht vieles in NRW einem Trümmerfeld.