Die aktuelle Tour von Rammstein-Frontmann Till Lindemann wird in vielen Städten von Protesten begleitet. Am Freitag spielte er in Düsseldorf. Das Konzert war bei weitem nicht ausverkauft.
Latex, Peitschen, nackte HautRammstein-Star zelebriert in Düsseldorf die Provokation

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Till Lindemann ist derzeit mit seiner Solo-Tour „Meine Welt“ unterwegs. Der Rammstein-Frontmann gab auch in Düsseldorf ein Konzert.
Ist es noch ein Skandal, wenn sich Nonnen in Reizwäsche an Pole-Dance-Stangen räkeln, Geschlechtsteile in Nahaufnahme auf der Videoleinwand zu sehen sind oder Fische ins Publikum geschleudert werden?
Bei Skandalrocker Till Lindemann (62) erwarten die Fans nichts anderes. Deshalb himmeln sie den Rammstein-Frontmann an und folgen ihm brav, auch wenn er im Grunde nichts Neues zu präsentieren hat.
Till Lindemann: 9000 Fans beim Solo-Konzert in Düsseldorf
Dieser Konzertabend im Düsseldorfer PSD Bank Dome war mit Spannung erwartet worden. Gibt es wieder Proteste? Schließlich war in den vergangenen Wochen immer einiges los, wenn Lindemann aufgetaucht ist.
Proteste beim Leipziger Opernball, Wirbel um eine gemeinsame Autogrammstunde mit Joey Kelly, Demonstrationen rund um die Konzerte. Doch am Freitagabend (21. November 2025) gibt es keinen empörten Aufschrei – nicht vor der Arena, darin erst recht nicht. Dort fällt vielmehr die große Zahl weiblicher Fans auf.
Lindemann spielt mit seinem Ruf und inszeniert sich – zwischen Selbstironie und Provokation. Nachdem die Industrial-Pop-Band Aesthetic Perfection die Halle schon mal ordentlich durchgepustet hat, verhüllt ein Vorhang die Bühne, auf dem in großen kyrillischen Buchstaben der Schriftzug „Kill Till“ prangt.
So stand es vor zwei Jahren während der Proteste gegen die Rammstein-Konzerte in Berlin auf einem Pappschild. Mehrere Frauen hatten damals teilweise anonyme Anschuldigungen erhoben, dass es bei Konzerten zu sexuellen Handlungen ohne deren Zustimmung gekommen sei. Lindemann hatte die Vorwürfe vollständig zurückgewiesen. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte im August 2023 ihre Ermittlungen gegen den Rockstar mangels hinreichenden Tatverdachts ein.

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Die Show beginnt Till Lindemann mit dem Song „Fat“. Dabei sind auf der Leinwand übergewichtige Körper zu sehen.
Das Landgericht Hamburg hat der Nordirin Shelby Lynn zudem im Oktober untersagt, die Behauptung aufzustellen, dass ihr auf einem Rammstein-Konzert in Vilnius Drogen oder K.-o.-Tropfen in ihr Getränk gemischt worden seien. Satt einer „Row Zero“ vor der Bühne gönnt sich der Sänger nun einen Tisch seitlich auf der Bühne, an dem während des Konzerts ausschließlich junge Frauen stehen und den Star begeistert anschmachten.
Trotz des ganzen Wirbels im Vorfeld scheint das Interesse an der Solokunst des Sängers doch überschaubarer zu sein. Während Rammstein die größten Stadien des Landes füllt, klaffen im PSD Bank Dome doch viele Lücken auf den Rängen. 9000 Fans erleben ein heftiges, aber auch kurzes Gastspiel. Nicht einmal 90 Minuten dauert die Show, die inhaltlich sehr nah an der vergangenen Tour ist, nur punktuell um Stücke aus dem aktuellen Album „Zunge 2025“ erweitert wurde.
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„Meine Welt“ heißt die Tour, die 39 Shows in 24 Ländern beinhaltet. Der Song läuft zu Beginn nur vom Band, ehe die Band zu „Fat“ loslegt. Brachiale Industrial-Klänge dröhnen mit voller Wucht aus den Boxen. Lindemanns wunderbare Baritonstimme ist hingegen nur mäßig zu verstehen. Vielleicht sollte er nicht so oft sein Mikro auf den Bühnenboden pfeffern. Denn besser wird die Abmischung davon nicht. Außerdem hätte der Mitarbeiter, der unentwegt das Kabelgewirr beseitigen muss, weniger Arbeit.
Die Halle verwandelt sich in einen Nachtclub voller Lack, Leder und Latex. Provokation, Poesie und Pathos müssen beim Sänger mit dem gelblich geschminkten Gesicht sein. Die Schamlippen, die bei „Golden Shower“ in Großaufnahme auf der Videoleinwand erscheinen, sind von den seitlichen Blöcken jedoch nur teilweise zu sehen, weil die Boxentürme den Blick versperren.
„Das Faltenbild hat sich verschlimmert, das Geschlechtsteil ist verkümmert. Haare wachsen überall, der Schuss fällt lange vor dem Knall“, singt Lindemann bei „Altes Fleisch“. Noch deutlicher wird’s danach: „Ich hab‘ den Schwanz wieder drin, in meiner Tanzlehrerin. Denn ich lieb sie so sehr. Wir wiegen uns im Rhythmus hin und her“.
Till Lindemann: Solo-Show dauert nur knapp 90 Minuten
Bei „Platz Eins“ gönnt sich Lindemann einen kleinen Ausflug in einer überdimensionalen transparenten Kugel ins Publikum. Die Tänzerinnen werden auf Podesten fünf Meter in die Höhe gehoben und schwingen die Peitsche, die Keyboarderin präsentiert beeindruckende Verrenkungen. Schon nach 14 Liedern geht die Band von der Bühne und die Frage „Wollt ihr noch mehr?“ flimmert auf.
Die treuen Lindemann-Fans kriegen noch eine Ladung vom peitschenden Industrial-Metal. Traditionell fliegen auch wieder Fische in die Menge, nach „Ich hasse Kinder“ ist der Rausch vorbei. Der Rammstein-Star hat alles gegeben und sein Anhang zieht raus in die kalte Nacht. Auch dort ist von Protesten gegen die Show nichts zu sehen.

