Sekten-Razzia in DuisburgPolizei durchsucht „religiöse Einrichtung“ und findet Waffen sicher

Durchsuchung

Polizei Duisburg stellt bei Durchsuchung in einer „religiösen Einrichtung“ im Stadtteil Großenbaum Waffen sicher.

Wenn die Polizei von einer Razzia berichtet, bleibt sie anschließend bewusst manchmal etwas unkonkret - so wie jetzt bei einer Razzia im Duisburger Süden. Aber es steckt eine Menge Brisantes dahinter.

von Michael Kerst  (mik)

„Einsatzkräfte der Duisburger Kriminalpolizei haben am frühen Mittwochmorgen unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft Duisburg ein Wohnobjekt in Buchholz und eine religiöse Einrichtung in dem Stadtteil Großenbaum durchsucht“, teilte ein Polizeisprecher mit. Fest steht: Es war ein Großeinsatz, bei dem die Ermittlerinnen und Ermittler auch fündig wurden.

Die „religiöse Einrichtung“, von der die Polizei spricht, ist das sogenannte „Wera Forum“ im Stadtteil Großenbaum, also gleich hinter der Stadtgrenze zu Düsseldorf. Die Religionsgemeinschaft habe – so sagt es die evangelische Kirche – „sektenähnlichen Strukturen“.

Gründer und selbsternannte „Pastoren“ der Gruppe, die sich selbst eine „moderne christliche Gemeinde“ nennt, sind Alexander und Irina E. Und dieses Ehepaar war offensichtlich auch das Ziel, das die Ermittlerinnen und Ermittler der Polizei bei ihrer Aktion im Visier hatten. „Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren gegen ein Ehepaar (beide 64) wegen des Verdachts des unerlaubten Waffenbesitzes“, berichtet ein Polizeisprecher. „Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Duisburg erließ ein Richter des Amtsgerichts Duisburg einen Durchsuchungsbeschluss für beide Anschriften.“ Neben dem Gemeindezentrum in Großenbaum ist offenbar auch das private Wohnhaus des Paares in Buchholz durchsucht worden.

Und für die „Sekten-Razzia“ fuhr die Polizei jede Menge Beamte auf: „An den Durchsuchungen waren Einsatzkräfte einer Spezialeinheit, einer Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft sowie Diensthundeführer und Beamtinnen und Beamte der Duisburger Kriminalpolizei beteiligt“, erläutert der Polizeisprecher. „Im Rahmen des Zugriffs wurde der Ehemann verletzt. Er kam zur Behandlung mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus.“

In den beiden durchsuchten Gebäuden wurden die Polizistinnen und Polizisten tatsächlich fündig: Es wurden zwei Luftgewehre, eine Schreckschusswaffe, ein Taser, ein „Nunchaku“ (ein sogenanntes japanisches „Würgeholz“) sowie zahlreiche Datenträger sichergestellt.

Evangelische Kirche in Unruhe

Das „Wera-Forum“, das auch Ableger in Heilbronn, Wuppertal und Castrop-Rauxel hat, wird seit Jahren von Sekten-Expertinnen und -Experten kritisch beobachtet: „Singen, tanzen, beten: Nach außen scheint alles harmonisch in der Duisburger Wera-Gemeinde“, schrieb die evangelische Kirche bereits 2019. „Doch Aussteiger berichten von Ärger bei kritischen Worten oder zu wenig Spenden.“ Die überwiegend von Russlanddeutschen besuchte freie Gemeinde sorge für Unruhe bei der evangelischen Kirche.

Es wird in diesem Zusammenhang der Pfarrer der Auferstehungsgemeinde Duisburg Süd, Rainer Kaspers, zitiert, der sich gegenüber dem Evangelischen Pressedienst äußerst besorgt über Vorgänge in der „Wera-Gemeinde“ äußerte. Berichte ehemaliger Mitglieder und Dokumente ließen nach seiner Ansicht nur den Schluss zu, „dass es sich nicht um eine Freikirche handelt, sondern um eine christliche Sekte“.

Auch der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Duisburg, Armin Schneider, sagte, er teile diese Sorge. Kaspers hatte erklärt, nach den Aussagen ausgetretener Gemeindeglieder sehe sich der Pastor der „Wera-Gemeinde“ als alleiniger Inhaber der Wahrheit und setze sich als Richter über seine Gemeinde an die Stelle Gottes. Er verlange unbedingten Gehorsam und habe mit seinen Familienangehörigen und Leitungsmitgliedern „ein System der Angst und der Überwachung“ aufgebaut. Zweifel an seiner Gemeindeführung lasse er nicht zu, Kritikerinnen und Kritiker mache er mundtot und verfluche sie als „vom Satan besessen“. 80 Mitglieder sollen inzwischen ausgetreten sein.

In dem Bericht wird auch ein ehemaliges Mitglied zitiert: „In der ersten Zeit wird man mit Liebe bombardiert.“ Sportangebote, Veranstaltungen mit Musik und Tanz, gemeinsame Gebete hätten eine freundschaftliche Atmosphäre vermittelt. Später habe es jedoch Vorwürfe gegeben und man habe sich rechtfertigen müssen, wenn man keine Zeit für die Mitarbeit beim Putzen, Essen austeilen oder Bauen am neuen Gemeindezentrum hatte.