Guns N' Roses in DüsseldorfEin ganzes Stadion leidet mit einer Rock-Legende – „bin so enttäuscht“

Axl Rose singt mit Guns N' Roses auf der Bühne.

Axl Rose, Frontmann der Band Guns N' Roses, gab ein Konzert in Düsseldorf. Fotos durften bei dem Auftritt nicht gemacht werden.

Sie feiern 40-jähriges Bestehen und können sich auf ihre treue Fangemeinde verlassen. Guns N' Roses gaben das erste Sommer-Open-Air im Düsseldorfer Stadion. Der Abend hinterließ gemischte Gefühle.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Zum großen Finale mit „Nightrain“ und „Paradise City“ kommt Axl Rose (63) in einer weißen Lederjacke mit Skelettmuster auf die Bühne. Während der dreistündigen Show hat er ein halbes Dutzend Outfits präsentiert. Doch eigentlich waren die Fans ja nicht deshalb gekommen.

Der Auftakt in den Düsseldorfer Open-Air-Konzert-Sommer kann eigentlich nur noch von der ganz eingefleischten Guns N‘ Roses-Gemeinde als gelungener Abend betrachtet werden. Am Einsatz hat es nicht gelegen. Die Rock-Götter haben Schwerstarbeit verrichtet.

Guns N' Roses: Merkur Spiel-Arena längst nicht ausverkauft

Vielmehr zeigt sich am Mittwochabend (18. Juni 2025) in der bei weitem nicht ausverkauften Merkur Spiel-Arena, dass da Rock-Legenden nur noch eine Marke weiterführen, mit der sich immer noch prima Geld verdienen lässt. Und sei es mit einem weiteren T-Shirt für schlappe 55 Euro.

Das Vorgeplänkel macht noch richtig Mut. Die Band postet wenige Stunden zuvor auf Instagram ein Bild zum Konzert-Abend. Es zeigt ein Skelett im Timo-Boll-Look. Die Düsseldorfer Tischtennis-Ikone hat jüngst die Karriere beendet. Guns N' Roses wissen also, wo sie sind. Auch die kalifornische Rockband Rival Sons gefällt den meisten beim Aufwärmprogramm.

Doch ab dem Auftaktsong „Welcome to the Jungle“ erlebt das Publikum, wie eine Kult-Band, die vor 40 Jahren zum ersten Mal zusammenspielte, das eigene Denkmal einreißt. Die Verantwortlichen am Mischpult hatten offenbar einen Hitzeschlag erlitten, denn aus den Lautsprechern quillt zu Beginn nur unabgestimmter, übersteuerter Soundmüll. Bis zum Schluss sind immer wieder Rückkopplungen zu hören.

Axl Rose presst die Töne heraus, tigert über die Bühne, als müsste er diese vermessen. Er tanzt auf einem Bein, scharrt wie ein Pferd mit den Hufen, greift sich ein paar Mal beherzt ins Gemächt und schmeißt den Mikroständer. Der Frontmann, der als einziger ununterbrochen Mitglied der Band ist, will alles geben, doch sein wichtigstes Werkzeug versagt den Dienst.

Axl Rose steht mit Slash auf der Bühne.

Axl Rose (l.) mit seinem genialen Gitarristen Slash bei einem früheren Konzert.

Vor einem Jahrzehnt hat eine Studie ergeben, dass der Rock-Sänger die vielfältigste und variabelste Stimme seiner Zunft hat. Doch davon ist nichts mehr übrig. Seit Jahren rätseln Fans, ob eine Erkrankung oder die Aushilfszeit bei AC/DC 2016 schuld daran ist, dass von tiefen bis zu hohen Tönen alles nur noch gequält klingt. Im Internet gibt es unzählige Memes, die ihn als Micky Maus titulieren.

Rose erinnert sich daran, dass er 1987 letztmals in Düsseldorf aufgetreten ist. Damals stellte die Band im Tor 3 „Appetite For Destruction“, was sich weltweit 30 Millionen Mal verkauft hat und zum erfolgreichsten Debütalbum aller Zeiten wurde, vor. Aus diesem Meisterwerk spielt die Band sieben Songs – von keinem anderen mehr.

Die Heroin-Hymne „Mr. Brownstone“ ist auch Teil davon. In der Nacht, als die Band den Song geschrieben hat, erwischte Gitarren-Virtuose Slash eine Überdosis. Der 59-Jährige ist der heimliche Star der Show. Sein Können ist ungetrübt, den Fuß immer auf dem Effekt-Pedal.

In Düsseldorf trägt er ein weißes T-Shirt der amerikanischen Late-Night-Show „Burt Sugarman’s The Midnight Special“, dazu schwarze Chucks und den obligatorischen Zylinder. Der neue Drummer Isaac Carpenter haut oberkörperfrei und mit Goldkette alles raus, Bassist Duff McKagan trägt sein Geburtsjahr 1964 auf der Lederweste. Die Outfits können nur beschrieben werden, denn Fotografen wurde die Arbeit beim Konzert untersagt.

Das großartige musikalische Können der Band sorgt trotz aller offensichtlichen Mängel immer wieder für Jubel der 38.000 Fans und ein paar besondere Momente zwischendurch. „Live and Let Die“ wird gefeiert, bei „Yesterdays“ quält sich Rose erneut.

„Knockin' on Heaven’s Door“ sorgt für den ersten lauten Mitsing-Chor im Stadion. „Double Talkin' Jive“ – gewidmet der amerikanischen Regierung – beschert den Biertheken wieder längere Schlangen. Für Keyboarder Dizzy Reed singt die Menge ein Ständchen zum 62. Geburtstag.

„Sweet Child O‘ Mine“ lässt das Stadion erstmals so toben, wie es bei einem solchen Mega-Konzert viel häufiger sein sollte. Bei „November Rain“ leuchten die Handys, nur die Stimme des Frontmanns bringt erneut keinen zum Strahlen. Immer wenn die Atmosphäre endlich da ist, haut die Gruppe wieder den Leerlauf rein.

Auf dem Heimweg diskutieren die Anhängerinnen und Anhänger leidenschaftlich. „Ich bin so enttäuscht“, schimpft einer. „Das war das schlechteste Konzert, auf dem ich je war“, urteilt sein Nebenmann. „Na ja, handwerklich war es doch gut“, beschwichtigt ein Dritter. Keine Frage: Düsseldorf hat an diesem Abend mit echten Legenden gelitten.