Für diese Führung zahlen die Leute, um sich anmeckern zu lassen! Ein mürrischer Guide im Düsseldorfer Kunstpalast ist so erfolgreich, dass die Tickets seit Monaten ausverkauft sind.
Fieser Museums-FührerDarum zahlen die Leute in Düsseldorf Geld

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Der Künstler Carl Brandi in seiner Rolle als Joseph Langelinck, dem „Grumpy Guide“. Er führt durch den Düsseldorfer Kunstpalast und liebt es, seine Gäste zu maßregeln. (Archivbild)
„Er ist genervt, gelangweilt und überheblich“ – so bewirbt der Düsseldorfer Kunstpalast seinen wohl ungewöhnlichsten Mitarbeiter. Zweimal im Monat führt der „Grumpy Guide“ Besucherinnen und Besucher durch die Sammlung und macht dabei keinen Hehl aus seiner Verachtung für die vermeintlich ahnungslosen Kunst-Banausen.
Das kuriose Konzept ist ein voller Erfolg: Für nur sieben Euro ist man dabei, doch die Führungen sind seit dem Start im Mai restlos ausverkauft. Der mürrische Führer ist mittlerweile so berühmt, dass sogar der britische „Guardian“ einen Reporter nach Düsseldorf schickte. Dessen Bericht landete prompt auf der Liste der meistgelesenen Texte der Zeitung. Anscheinend wollen sich Menschen international für ihre Kunst-Unwissenheit beschimpfen lassen.
Hinter dem Griesgram steckt der Performancekünstler Carl Brandi. Er schlüpft für die Touren in die Rolle der von ihm erfundenen Kunstfigur Joseph Langelinck. „Ich beleidige Besucher nie direkt, weder aufgrund ihrer Persönlichkeit noch ihres Aussehens, sondern als Gruppe“, erklärt Brandi seine Methode. „Meine Verachtung richtet sich gegen eine unterstellte Unwissenheit, die vielleicht gar nicht existiert.“ Sein Ziel: „Aber ich versuche, ihnen das Gefühl zu geben, so unwissend wie möglich zu sein.“

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Carl Brandi als Kunstfigur Joseph Langelinck im Kunstpalast. (Archivbild)
Aber warum tun sich die Leute das an? Der Künstler glaubt, die Besucherinnen und Besucher genießen die „emotionale Achterbahnfahrt“. „Wir alle kennen Comedy- oder Kabarettformate, bei denen die schlechte Laune oder aggressive Art des Künstlers zentral für die Show ist. So etwas sieht man in Museen aber eher selten“, so der 33-Jährige. Der Clou: „Anders als bei einer Comedy-Show gibt es hier keine Barriere zwischen der Figur und dem Publikum.“
Inspiriert wurde die Figur von viralen Videos über bewusst mürrische Kellner. Im Rheinland ist die Idee allerdings nicht ganz neu: Die Köbesse in den Brauhäusern sind schließlich auch eher für ihre frechen Sprüche als für übermäßige Freundlichkeit bekannt. Für den Kunstpalast ist der „Grumpy Guide“ auch ein cleverer Schachzug, um ein jüngeres Publikum anzulocken.
Wie fies die Tour sein kann, zeigt ein Beispiel aus dem „Guardian“-Bericht. Als der Guide vor einer Herkules-Skulptur stand und eine Frau leise die richtige Antwort nannte, pampte er sie an: „Wenn Sie die Antwort wissen, warum sagen Sie sie dann nicht so, dass auch die Leute hinten Sie hören können?“ Dann forderte er sie auf, die zwölf Aufgaben des Herkules aufzuzählen.
Die Frau musste passen und erntete dafür nur ein lautes Augenrollen und Zungenschnalzen. Ihr Fazit, so berichtet es der Reporter: „Oh Gott, ich fühle mich wie zurück in der Schule.“ (red)
