Altersarmut in DüsseldorfJenny Jürgens: „In Würde altern ist ein Grundrecht"

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Jenny Jürgens vor dem Foto von Michael Gueth, das sie als Seniorin zeigt.

von Nathalie Riahi (nari)

Düsseldorf – In Düsseldorf lebten im vergangenen Jahr 9170 Senioren in Altersarmut. Tendenz steigend. Mit 7,6 Prozent Grundsicherungsquote ab 65 Jahren ist die Landeshauptstadt die „Altersarmutshauptstadt“ in NRW.

EXPRESS-Serie: Altersarmut in Düsseldorf

Trotz der Grundsicherung vom Staat reicht das Geld bei den meisten betroffenen Senioren dennoch nicht aus. Oft bleiben nur wenige Euro im Monat, um davon Essen zu kaufen. Größere Anschaffungen, wenn etwa der Herd kaputt ist, sind nicht möglich. Von einem würdigen Lebensabend sind daher viele von ihnen weit entfernt. Und das, wo die meisten von ihnen früher hart gearbeitet. Vielleicht als Mutter und Hausfrau, vielleicht als Selbstständiger in der Werbebranche, als Professor, Fotograf oder Grafikdesignerin. Und vielleicht haben sie sich nicht um ihre spätere Rente gekümmert, wurden krank, ließen sich scheiden oder verdienten zu wenig Geld, um genug und durchgehend in die Rentenkasse einzahlen.

Wie auch immer sie zu ihrem Schicksal gekommen sind – der Großteil von ihnen ist trägt selbst keine Schuld daran. In dieser Serie stellen wir auch Einrichtungen vor, die unbürokratisch helfen. In dieser Folge: Herzwerk.

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Hilfe: Schnell, diskret und unbürokratisch

Sie haben ein Leben lang hart gearbeitet und im Alter eine zu geringe Rente. Viele Senioren schämen sich für ihre Lage, leben in versteckter Altersarmut und wollen nicht zum Bittsteller werden. Und genau hier setzt das Projekt von Jenny Jürgens an – es ist ihr Herzensprojekt. Denn sie sagt: „In Würde altern ist ein Grundrecht!“

Die Schauspielerin gründete im Jahr 2009 mit dem DRK-Düsseldorf das Projekt „Herzwerk – Aktiv gegen Armut im Alter“. Es wird allein durch Spenden finanziert. „Mit »Herzwerk« möchte ich Menschen helfen, die durch ihre soziale Situation und ihr hohes Alter auf Hilfe angewiesen sind“, erklärt Jenny Jürgens. Schnell, diskret und unbürokratisch ist die Hilfe, die „Herzwerk“ bedürftigen Senioren aus Düsseldorf anbietet. So wird etwa mit dem Ersatz von Haushaltsgeräten, mit neuer Kleidung, neuen Matratzen oder Winterbettwaren, TV- und gebrauchten PC-Geräten geholfen. Aber auch Arztkosten und notwendige Taxifahrten werden übernommen.

Auch bei Einsamkeit wird geholfen

„Es sind oft Wünsche, die für viele selbstverständlich klingen wie ein Friseurbesuch oder frisches Obst“, sagt sie. „Und wir schenken den Senioren Zeit. Das ist das Allerwichtigste. Viele leiden unter Einsamkeit.“ So werden Veranstaltungen für Senioren, die dringend soziale Kontakte benötigen, organisiert: Theaterbesuche, Ausflüge in den Zoo, Sprach- und Computerkurse, Restaurantbesuche in der Gruppe sowie Weihnachtsfeiern. Neben Jenny Jürgens besteht das „Herzwerk“-Team aus festen und ehrenamtlichen Mitarbeitern des DRK, die stets ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der Senioren haben.

Anlaufstelle: Herzwerkstatt in Oberbilk

Als Anlaufstelle eröffnete „Herzwerk“ im März 2017 die „Herzwerkstatt“ an der Oberbilker Allee – eine Begegnungsstätte mit einem eigenen Büro. Ermöglicht wurde sie durch die „Paul und Mia Herzog“-Stiftung, die „Herzwerk“ jedes Jahr mit einer wichtigen Spende unterstützt.

Mittwochs 13 bis 15 Uhr und freitags 11 bis 15.30 Uhr ist die Herzwerkstatt, die extrem gut angenommen wird, für die Senioren geöffnet. Hier trifft man sich zum Plaudern, zum Spielenachmittag, zu Lesungen oder zum Frühstück. Viele Freundschaften sind hier entstanden. Und vielen wurde geholfen. Auch mit Ratschlägen wie Kosteneinsparungen und oder bei der Klärung von Rechnungen etwa durch Telefonate mit den Stadtwerken. Dafür stehen ihnen freundliche Ansprechpartner wie die Herzwerkstatt-Betreuerin Mara Kern zur Seite.

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In der Herzwerkstatt: Mara Kern  (l.) und Julia Moisel, die das „Zentrum Plus“ vom DRK in Reisholz leitet, beraten eine Dame.

Was aber bewegte Jenny Jürgens dazu, das Projekt „Herzwerk“ zu gründen? „Auslöser war ich selbst. Ich wollte etwas Sinnstiftendes tun. Aber ich hatte keine eigene Idee. Ich war damals schon zwei Jahre DRK-Botschafterin für Senioren und mochte alte Menschen immer sehr gern. Also bin ich drei Tage in Klausur gegangen. Ich wollte etwas für mich Authentisches machen. Wo ich dahinter stehe. Ich bin dann mit meiner Idee zum DRK und habe sie präsentiert. Sie haben sofort Ja gesagt!“

Herzwerk finanziert sich nur über Spenden

Allein über Spenden wird Herzwerk finanziert. Oft nicht einfach in der heutigen Zeit. Jenny Jürgens: „Was ich schade finde: Das selbstlose, karitative Denken ist sehr selten geworden. Das »Gute tun« wird dann ganz schnell zum Business. Nach dem Motto: Ich gebe etwas, aber ich will auch etwas zurückbekommen. Und der Preis soll ich dann sein, quasi ein Wanderpokal. Da lerne ich langsam, mich abzugrenzen.“

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Jenny Jürgens und DRK-Vorstandschef Stefan Fischer

Dass sie selbst auch finanziell für ihr Herzwerk da ist, hängt sie nie an die große Glocke. Auch nicht, dass sie für Herzwerk den Landesverdienstorden erhalten hat. Dafür trommelt sie lieber für Charity-Projekte, die die Altersarmut in den Fokus bringen, Freunde und Bekannte zusammen oder nimmt Ideen dankbar auf. Wie das wunderbare Fotoprojekt, bei dem sich Prominente wie Bettina Zimmermann, Harald Krassnitzer, Axel Prahl und Michaela Schaffrath, aber auch OB Thomas Geisel, Schirmherr von Herzwerk, und Jenny Jürgens selbst auf „alt“ schminken und von Star-Fotograf Michael Gueth ablichten ließen. „Auf den zweiten Blick“ hieß die Ausstellung.

Song- und Videoprojekt: „Startet Euer Herzwerk"

Oder ganz aktuell der Song „Startet Euer Herzwerk“, der über die klassischen Musikportale per Download zu kaufen ist (Spotify, I-tunes, Amazon, Deezer, YouTube). Die Einnahmen gehen zu 100 Prozent an Herzwerk.

Was Jenny Jürgens extrem wichtig ist: „Alle Ein- und Ausgaben werden bei uns extrem korrekt verbucht!“

Spendenkonto: DRK-Kreisverband Düsseldorf e.V., Stichwort; „Herzwerk“. IBAN: DE30300501101005470149. BIC: DUSSDEDDXXX.