Er zeigt sich nicht nur als bekennender IS-Anhänger, sondern gesteht auch die Bluttaten vom April in Duisburg: Den tödlichen Messerangriff auf einen 35-Jährigen und die Attacke mit vier Verletzten in einem Fitnessstudio. Und vor Gericht bekennt er: Eigentlich habe er noch mehr Menschen töten wollen.
„Wollte so viele Menschen wie möglich töten“Bluttat in NRW: Mutmaßlicher Islamist gesteht brutale Messerattacken
Beim Betreten des Gerichtssaals zeigt er erneut die Geste der radikalen Islamisten, den erhobenen Zeigefinger. Wieder bleibt er demonstrativ sitzen, als die Richter eintreten, was ihm diesmal drei Tage Ordnungshaft einbringt. Dann verlangt er Fernsehkameras.
Doch als ihm die verwehrt bleiben, packt er am Donnerstag (2. November 2023) im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts trotzdem aus: Ja, er habe im April in Duisburg auf offener Straße einen 35-Jährigen getötet und auch die Bluttat in einem Fitnessstudio mit vier Verletzten begangen.
Mutmaßlicher Islamist gesteht Angriff in Duisburg
„Aufgrund der Forderungen und Befehle des Islamischen Staats, der dazu aufrief, seine Feinde zu töten. Und um Rache zu nehmen für Millionen getöteter Muslime. Ich wollte so viele Menschen wie möglich töten“, sagt der 27-jährige Angeklagte.
Beim ersten Mal sei er aber nach Hause gegangen, als er Sirenen gehört habe und habe darauf verzichtet, noch mehr Menschen anzugreifen. Beim zweiten Mal habe er nur Frauen verschont und im Fitnessstudio auf alle jungen Männer eingestochen, die ihm begegnet seien. Keines seiner Opfer habe er gekannt.
Er sei aber müde gewesen vom Fasten. Deswegen habe er seine Absicht verworfen, am Tatort auf die ersten eintreffenden Polizisten zu warten und diese anzugreifen. Seine Idee, noch ein zweites Fitnessstudio heimzusuchen, habe er aus selbem Grund nicht verwirklicht.
„Ich wollte noch mehr Taten begehen, damit ich als Märtyrer sterbe, wenn ich dabei umgebracht werde“, sagt er. Obwohl er im Internet ein Foto von sich gesehen habe, sei er zu Hause geblieben und habe ein Messer neben sich gelegt, um auf die Polizei zu warten. „Ich wollte es mit ihnen aufnehmen, aber sie kamen, als ich schlief und haben einen Polizeihund vorgeschickt.“
Nach der Tötung des 35-Jährigen am 9. April in Duisburg habe er einen IS-Artikel in seinem Facebook-Account weiter verbreitet, gestand er ebenfalls: „Der Islamische Staat wird bleiben. Seine Soldaten erweitern die Kampffronten Tag für Tag, bis die ganze Erde zu einem einzigen Dschihad-Feld wird“, heißt es darin. Dies sei aber nicht als Tat-Bekennung zu verstehen, sagt er. Er habe fast täglich solche Sachen gepostet.
Düsseldorf: 27-Jähriger wegen Mordes und dreifachen Mordversuchs angeklagt
Auf die Frage, wie denn die Welt erkennen sollte, warum er die Taten verübt habe, sagt der Angeklagte: „Mir reicht es, wenn mein Gott das von mir weiß.“ Wie er sich seine Zukunft vorstellt, will der Richter wissen. „Mein Leben wird erst nach meinem Tod beginnen. Ich werde meinen Dschihad so lange weiterführen, bis sie aufhören, den Muslimen den Krieg zu erklären.“
Angeklagt ist der 27-Jährige am Düsseldorfer Oberlandesgericht wegen Mordes und dreifachen Mordversuchs. Er habe Syrien 2015 verlassen, um dem Militärdienst zu entgehen, sei über die Balkan-Route und Österreich nach Deutschland gekommen, habe einen Asylantrag gestellt und eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Nach zwei Monaten im sauerländischen Menden sei er nach Duisburg gekommen und habe nach einigen Monaten in einer Flüchtlingsunterkunft eine Wohnung erhalten.
In Duisburg habe er seither etwa sechs Monate gearbeitet und etwa drei Monate einen Sprachkurs besucht, aber nicht regelmäßig. Er sei deswegen auch aus dem Kurs geworfen worden. „Ich hätte acht Stunden am Tag da hingehen sollen.“ Das sei ihm zu viel gewesen.
Vom Jobcenter habe er Arbeit bekommen und eine Weile als Aushilfe in einem Lager gearbeitet. Die übrige Zeit habe er eigentlich nichts gemacht. Warum er seine Jobs immer nur so kurze Zeit ausgeübt habe, will der Richter wissen. „Ich wurde gekündigt, weil ich kein Interesse hatte und keines zeigte“, sagt er.
Erst in letzter Zeit in Deutschland habe er angefangen, sich im Internet intensiver mit Religion zu beschäftigen. Seine Familie sei nicht sehr religiös gewesen. Im Internet habe er alles über den frühen Islam gelernt und wahabitische Schriften gelesen, Bücher aus der Anfangszeit des Islam wie zum Beispiel „Al Tawhid“. Auch die Veröffentlichungen des IS habe er gelesen.
Der Vater des getöteten 35-Jährigen hörte sich als Nebenkläger alles an. Und sagt dazu nur: „Mein Sohn war auch Moslem. Von welchem Gott redet er? In meinem Koran steht: Wer einen Menschen tötet, tötet die ganze Menschheit. Dieser Bastard.“ (dpa)