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KulturZum 100. Geburtstag: Das „böse Auge“ Chargesheimer in Köln

«Kneipengeher, Kettenraucher, Fanatiker der Arbeit» - so umschrieb ein Freund den unangepassten Fotografen Chargesheimer. Seine Fotos lösten teils heftige Proteste aus.

Wenn der Fotograf Chargesheimer (1924-1971) in der zeitgenössischen Presse als „das böse Auge“ bezeichnet wurde, dann lag das daran, dass der chronisch Unangepasste die Dinge gern ungeschminkt zeigte. Zum 100. Geburtstag des Fotokünstlers am 19. Mai präsentiert das Museum Ludwig von Samstag (27. April) bis zum 10. November etwa 50 seiner Werke, darunter erstmals seit 20 Jahren seine wenig bekannten kinetischen Skulp­turen aus Plexi­glas, die Prismen und Lichtreflexe erzeugen und für ihn „Med­i­ta­tions­mühlen“ waren.

Karl-Heinz Hargesheimer - wie er eigentlich hieß - war im Umgang nicht einfach. Ein Freund sagte über ihn: „Er war ein Kneipengeher, Kettenraucher, Autofahrer, ein Fanatiker der Arbeit, trug einen dicken Schnauzbart und einen Hut mit breitester Krempe. Er machte es sich und seinen Mitmenschen so schwer wie möglich.“

Mitunter verursachten seine Fotografien sogar Proteste. Nachdem Chargesheimer etwa 1958 zusammen mit dem Schriftsteller Heinrich Böll einen Band über das damals noch pechschwarze Ruhrgebiet veröffentlicht hatte, wetterte der Essener Oberbürgermeister: „Solche Darstellungen akzeptieren wir nicht!“ In der Presse wurden die Aufnahmen dagegen mit Begeisterung aufgenommen: Sie zeigten das Ruhrgebiet nicht als Wirtschaftsfaktor, sondern als Lebenswelt, geheimnisvoll und widersprüchlich, hieß es.

Bekannt wurde Chargesheimer mit einem Porträt von Bundeskanzler Konrad Adenauer, das 1957 Titelbild des „Spiegel“ wurde. Auch danach hagelte es Kritik, weil man ihm vorwarf, den Kanzler als unwählbaren Greis dargestellt zu haben. Im selben Jahr bekam er den Auftrag, Aufnahmen des gelungenen Wiederaufbaus von Köln für den Fotoband „Cologne intime“ zu produzieren. Chargesheimer fotografierte dafür unter anderem die Haupteinkaufsstraße als Symbol des Wirtschaftswunders, ließ aber auch Armut und Zerstörung nicht weg. Einzigartig sei die Art gewesen, wie er Passanten in Straßenszenen fotografiert habe, erläutert Kuratorin Barbara Engelbach: Er nahm Kontakt mit ihnen auf, sodass sie ihn auf den Bildern anschauen, lachen oder winken. Das galt eigentlich als unprofessionell, doch Chargesheimer erzeugte dadurch Momente der Vertrautheit und Sympathie.

Als sein Hauptwerk gilt heute der Fotoband „Unter Krahnenbäumen“, in dem er ohne Sentimentalität das Leben in einer kleinen Kölner Straße dokumentierte. Wenn man diese Bilder betrachtet, glaubt man die Zurufe und das Reden der Erwachsenen genauso zu hören wie das Geschrei der Kinder, den Lärm der Kirmes und die Musik einer kleinen Kapelle. (dpa)