Ehefrau fast zu Tode gewürgtBonner Richter entsetzt über Ausbruch an Hass

bonn_gericht_blende_gewuergt

Der Angeklagte (44) mit seinen Verteidigern vor dem Urteilsspruch des Bonner Schwurgerichts.

Bonn – „Das ist unfassbar!“ hieß es am Montag im Urteil. „Da ist ein Mann, der seine Frau – wie er sagt – so sehr liebt, dass er ihr mit Fäusten ins Gesicht schlägt, dass ihr die Nase bricht.“ Ein Mann, der angeblich aus Liebe ihren Hals mit beiden Händen umfasst und so lange zudrückt, bis sie keine Luft mehr bekommt, bis sie nur noch weiß sieht und glaubt, sie sei schon tot. Eine hundertstel Sekunde lässt Azra M. (Name geändert) leben.

Ehemann würgt Frau fast zu Tode: Mehr als drei Jahre Haft

Denn der 44-jährige Ehemann nimmt kurz vor ihrer Bewusstlosigkeit seine Hände vom Hals. Jedenfalls hatte der Angeklagte das in seinem Geständnis behauptet. Das war ihm nicht zu widerlegen, weil seine Frau es nicht erinnert und der die Mutter rettende 16-jährige Sohn als Zeuge geschwiegen hat. Damit, so Kammervorsitzender Klaus Reinhoff, sei der Angeklagte strafbefreiend vom Tötungsversuch – wie ursprünglich angeklagt – zurückgetreten. Also wurde der gewalttätige Familienvater nur wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

„Weil seine Frau sich trennen will, will er sie töten“, so Reinhoff im Urteil. „Aus dem Weg räumen.“ Das habe er am 20. Mai 2019 auch versucht. Erst habe er ihr ein Amulett aufzwingen wollen, damit sie gegen böse Geister – gemeint ist, dass sie ihn verlässt – geschützt sei. Als die 34-Jährige Mutter von drei gemeinsamen Kindern das ablehnt, greift er sie an. „Dieser Ausbruch an Hass zeigt nur, nur dass Sie keine Liebe für Ihre Frau empfinden. Sie wollen nur Ihren Willen durchsetzen und verhindern, dass wenn Sie Ihre Frau verlieren, sie auch kein anderer haben darf. Sie behandeln sie ohne Respekt, wie ein Stück Ware.“

Ehemann würgt Frau fast zu Tode: Nicht die erste Attacke des Angeklagten

Monatelang hatte der Angeklagte den Verdacht, dass seine Frau einen anderen hat. Durch Überprüfung ihrer Handydaten hatte er entdeckt, dass sie viele „Telefonate mit Fremden“ hat. Am Tattag hat sie es ihm auch eine Affäre mit einem Mitarbeiter seines Reingungsdienstes gestanden.

Es war nicht der erste Gewaltausbruch gewesen, hatte Azra M. als Zeugin erzählt. Seit Ehebeginn sei sie geschlagen worden. Die Familie ihres Mannes habe die häusliche Gewalt vertuscht und sie habe geschwiegen. 17 Jahre lang. In diesem Prozess hat die 34-Jährige erstmals gegen ihren Mann ausgesagt. Es war ein erschütterndes Bild, wie eine Frau sich der Gewalt beugt. „Was Sie geleistet haben, war sehr wichtig!“ wandte sich Reinhoff direkt an die Nebenklägerin. „Auch dass Sie den Mut hatten, gegen den Widerstand einer Familie auszusagen.“ Es wäre zu wünschen, dass viel mehr Frauen gewalttätige Übergriffe ihrer Partner anzeigten, damit sie nicht straflos davon kommen. Auch Azra M. hatte noch zwei Monate zuvor eine Strafzeige gegen ihren Ehemann zurückgezogen.

Ehemann würgt Frau fast zu Tode: Sohn hat Schlimmstes verhindert

Am Ende des Urteils sprach Reinhoff den Angeklagten direkt an: „Wenn Sie Zeit haben, bedanken Sie sich bei Ihrem Sohn, dass er dazwischen gegangen ist. Sonst säße Ihre Frau vielleicht nicht hier.“ Und er wäre nicht so milde davon gekommen.

Azra M. hatte beim Verlassen des Gerichtssaals Tränen in den Augen. Dennoch wirkte sie verwandelt: wie eine freie Frau.  (ucs)