Alter Trafo-Turm in MehlemBonnerin kaufte ihn für einen Euro – Umbaukosten sind enorm

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Ausblick auf den Drachenfels, idyllisch an einem Bach in Mehlem gelegen: Kinkels Trafo-Turm ist eine kleine Traum-Immobilie.

Bonn-Mehlem – Die Lage ist idyllisch, der Mehlemer Bach plätschert, dazu der traumhafte Blick auf den Drachenfels: Der Trafo-Turm von Daniela Kinkel (50) ist eine kleine Traum-Immobilie in der Kunigundenstraße. Sie hat das Hundert Jahre alte Schätzchen für einen schlappen Euro erstanden, jetzt baut sie es um.

„Kunigunde” nennt die Bauherrin ihr Türmchen liebevoll – und mit der hat sie viel vor. Denn „Kundigunde“ soll ein sogenanntes „Tiny House“ (sehr kleines Haus) werden. Aber gerade die besondere Struktur des Hauses, Lage und Bürokratie kosten die 50-Jährige einige Nerven. Und Geld. 

Alter Trafo-Turm in Bonn-Mehlem: Schlafzimmer wird gar nicht so „tiny“

Kinkels Plan ist, auf drei Etagen 54 Quadratmeter Wohnfläche zu schaffen. Im Erdgeschoss des Türmchens wird es ein kleines Bad und den Raum für die Heizung geben. Im Anbau liegt das Schlafzimmer, mit 16 Quadratmetern gar nicht so „tiny“.

Die Treppe in den nächsten Stock ist aktuell noch eine Zeichnung an der Wand. Bald führen dort aber Stufen ins erste Obergeschoss in die Küche – mit Fenstern, aus denen man auf den Drachenfels blickt, sowie einer Terrasse. 

Im zweiten Obergeschoss befindet sich der Mini-Wohnraum von acht Quadratmetern. „Das muss man schon intelligent einrichten. In jede Nische kommt ein Einbauschrank”, erklärt die 50-jährige PR-Referentin. 

Alter Trafo-Turm in Bonn-Mehlem: Daniela Kinkel fand kleine Häuser schon immer toll

Sie habe kleine Häuser schon immer toll gefunden. „Als Kind habe ich mir immer vorgestellt, so ein kleines Haus für mich zu haben, wenn mich meine Geschwister oder Eltern genervt haben.”

2012 spazierte Daniela Kinkel mit einem Bekannten, der bei RWE arbeitete, durch Beuel. Kurz zuvor hatte ihre Tochter eine Party gefeiert, die „aus dem Ruder gelaufen war”. Als sie beim Spaziergang vor der Trafo-Station landeten, zeigte sie daher auf den Turm und meinte zu ihrem Bekannten: „So ein Ding bräuchte man.”

Alter Trafo-Turm in Bonn-Mehlem: RWE verkaufte ihn für einen schlappen Euro

Was sie nicht ahnte: Solche Trafo-Stationen von RWE, die Strom umwandeln, werden kaum noch gebraucht. Daniela Kinkels Freund erklärte ihr, dass die Türme meistens abgerissen oder für einen symbolischen Euro verkauft würden.

Prompt fand die Bonnerin einen ausgedienten Turm in Mehlem und war „schockverliebt”. Dank eines Anbaus hat er zusätzliche Fläche, so dass man das Gebäude wirklich auch nutzen könnte. Daniela Kinkel fackelte nicht lange und kaufte den Turm. 

AlterTrafo-Turm in Bonn-Mehlem: Pläne scheitern an Geld und Verwaltung

Nach diesem Glücksgriff wurde es allerdings schwierig. Kinkels Nutzungspläne scheiterten an Geld und Verwaltung. Ein erster Plan, ein Kindertheater daraus zu machen, war einfach zu teuer. 2017 kam ihr dann die Idee, aus „Kunigunde“ ein Ferienhaus für Radtouristen zu machen. 

Es folgte eine Reihe bürokratischer, teils kostspieliger Hürden: Artenschutzprüfbericht, Hochwasser- und Brandschutz sowie stolze 6850 Euro für eine Parkgenehmigung.

Nach dem offiziellen Ja der Stadt, ist der Ärger aber verflogen. „Mit viel Kämpferei habe ich jetzt endlich die Genehmigung für ein normales Wohnhaus”, erzählt Daniela Kinkel.

Alter Trafo-Turm in Bonn-Mehlem: Herausforderung für Architekt und Handwerker

Der Entwurf für Kunigundes Umbau stammt von einem befreundeten Architekten aus dem Sauerland. „Meine Hochachtung für den Architekten, der den Bauantrag so durchgebracht hat”, sagt der neue Architekt, der Godesberger Markus Speth. Er setzt den Plan nun nach Daniela Kinkels Vorstellungen um. Speth: „Es ist eine besondere Herausforderung, aber macht auch viel Spaß.” 

Die Herausforderung reizt auch die Handwerker, erzählt die Bauherrin: „Erst sind die Bücher voll, aber, wenn ich vom Objekt erzähle, ist ihr Interesse geweckt.”

Alter Trafo-Turm in Bonn-Mehlem: Bonner hofft, mit 150.000 Euro auszukommen

Im Frühjahr 2021 soll Kunigundes Verwandlung fertig sein. Dann wird Daniela Kinkel das besondere Tiny House wahrscheinlich erstmal vermieten. 

Bis zur Fertigstellung hofft Kinkel, mit 150.000 Euro auszukommen. „Davon ist mir jeder Euro wert, auch wenn das ein kleiner Wahnsinn ist”, schwärmt sie. Ihre Motivation: Ein Industriedenkmal, das sonst abgerissen worden wäre, in ihre Obhut zu nehmen.

Die 50-Jährige ist damit nicht allein. Es gebe ein Netzwerk von Turmschützern, sagt sie: „Alle zwei Jahre treffen sich lauter Bekloppte mit Turm zu einem Symposium.” 

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EXPRESS hat bei den Stadtwerken Bonn nachgefragt und muss Interessierte leider enttäuschen. Im Stadtgebiet gibt es keine schmucken Türme für einen Euro im Angebot. „Unsere Trafostationen werden noch betrieblich genutzt”, sagt SWB-Sprecher Michael Henseler. „Kunigunde” bleibt dann wohl vorerst eine Ausnahme. (lmc)