Familientreffen in BonnProzess um bandenmäßige Auto-Hehlerei in großem Stil

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Die Angeklagten stehen am 3. Juni 2020 in der Anklagebank des Bonner Landgerichtes.

Bonn/Swisttal – Am Mittwoch war Familientreffen im Saal W 1.13 im Bonner Landgericht: Auf der Anklagebank – von Plexiglasscheiben getrennt – muss sich ein 47-jähriger Familienvater aus Swisttal wegen banden- und gewerbsmäßiger Hehlerei von Luxuslimousinen und Urkundenfälschung verantworten. Aber auch zwei seiner Söhne, beide erst 19 und 20 Jahre alt, sind mitangeklagt.

Ein Platz auf der Anklagebank jedoch blieb leer: Ein 23-jähriger Sohn ist rechtzeitig noch im Januar 2020 nach Kasachstan ausgewandert, dorthin von wo die deutschrussische Familie einst nach Deutschland aufgebrochen war.

Swisttaler Familienvater soll führendes Bandenmitglied gewesen sein

Wegen der Corona-Pandemie, so hieß es, habe er leider nicht ausreisen können. Also blieb der Platz leer. Das Verfahren gegen den dritten Sohn wurde abgetrennt. In der ersten Zuschauerreihe schließlich wartete die Ehefrau und Mutter mit drei weiteren Kindern gespannt auf das in Haft sitzende Familienoberhaupt. Sie alle waren ungewöhnlich festlich gekleidet, so als würde ein hoher Festtag sie zum Kirchgang rufen.

Zwei Jahre lang soll der Vater, der in den 90er Jahren in den Westen ausgewandert ist, sich auf die Hehlerei von Autos erfolgreich spezialisiert haben. Der 47-jährige Kraftfahrer soll, so weiß es die Anklage, ein führendes Mitglied einer international agierenden Bande sein. 

Hehlerei: Gestohlene Autos wurden in Ukraine „gewaschen“ 

Er soll europaweit entwendete oder unterschlagene Fahrzeuge – darunter große Geländewagen, auch mehrere Porsche Cayenne, BMW X6 oder X5  – in die Ukraine gefahren haben. Dort habe er in einer kriminellen Fachwerkstatt die visuellen sowie elektronischen Identifikationsnummern der Autos gelöscht und sie mit sogenannten Fahrzeugdoubletten neu ausgestattet werden konnten.

Anschließend wurden die nunmehr „sauberen“ Autos von den Angeklagten wieder nach Deutschland überführt. In den Straßenverkehrsämtern – unter anderem in Meckenheim, im Rhein-Erft-Kreis und auch in Euskirchen – schlug der Vater mit Alias-Identitäten und entsprechend gefälschten Pässen aus Ungarn, Slowenien oder Rumänien auf. 

Bandenmäßige Hehlerei: Gefälschte Papiere wurden nur selten erkannt

Aber auch die Kfz-Papiere waren keine Originaldokumente. Allerdings hatten nur in zwei Fällen Mitarbeiter der Verkehrsämter die Fälschungen erkannt, die Zulassungen liefen fast alle reibungslos. 

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Anschließend wurden die – laut Anklage – in Rom, Berlin oder Mailand gestohlenen Autos im Neuwert von über einer Million Euro von den Angeklagten (oder auch anderen Bandenmitgliedern) verkauft.

Swisttaler Hehler-Familie: Bandenmitglied gab Tipp

Die Fahnder sollen der Swisttaler Hehler-Familie durch einen Tipp aus Österreich auf die Spur gekommen sein. Hier soll ein ehemaliges Bandenmitglied reinen Tisch gemacht haben.

Bei der Durchsuchung wurden bei der Familie, die offiziell von staatlicher Unterstützung lebt, insgesamt 120.000 Euro beschlagnahmt: Mit 57.000 Euro hatten die Eheleute ihr gemeinsames Haus finanziert, bei der Mutter wurden 36.000 Euro auf einem Sparkonto gefunden und beim Hauptangeklagten, der seit Oktober 2019 in Untersuchungshaft sitzt, wurden weitere 23.000 Euro Bargeld konfisziert.

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Alle drei Angeklagte haben angekündigt, dass sie sich am kommenden Prozesstag zu den Vorwürfen äußern wollen. (ucs)