Niedergang vor Bonner Gericht offenbartFrüherer Rotlicht-König lebt von Hartz IV

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Das „Saint Tropez“ war einst eine Goldgrube. Nach dem Aus des Bordells mussten sich die ehemaligen Betreiber nun vor Gericht verantworten. (Symbolfoto)

Bonn/Hennef – Der Club „Saint Tropez“ war einst eine Goldgrube: Dann begann der langsame Niedergang aus schlampiger Betriebsführung, wegen exzessiven Kokainkonsums und wohl auch aus Naivität im Umgang mit den „doppelzüngigen“ Finanzbehörden. Das Bonner Landgericht hat die ehemaligen Betreiber des Bordells wegen Steuerhinterziehung zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Die 55-jährige Geschäftsführerin des Nachtclubs bekam anderthalb Jahren Haft. Ihr Kompagnon und einstiger Lebenspartner erhielt eine zweijährige Strafe. Beide müssen als Bewährungsauflage 150 Sozialstunden ableisten. Der Angeklagte muss zudem eine Drogen-Entzugstherapie machen.

Prozess in Bonn: Rotlicht-Duo hinterzog Steuern von knapp einer Million Euro

Fest steht, so die 7. Große Wirtschaftsstrafkammer, dass das Duo innerhalb von acht Jahren zwischen 2008 und 2015 dem Finanzamt insgesamt 836 000 Euro vorenthalten hat. Weder hätten sie die korrekte Anzahl der arbeitenden Damen – in Spitzenzeiten bis zu 20 – angegeben, noch seien sämtliche Einnahmen deklariert worden.

Da die Prostituierten nicht auf eigene Rechnung gearbeitet hätten, sondern vom Bordell angestellt gewesen seien, hätten die Betreiber entsprechend Steuern bezahlen müssen.

Mildes Urteil: Angeklagte ersparen Bonner Justiz aufwändigen Prozess

Wegen des umfassenden Geständnisses der Angeklagten kam es zu dem ausgesprochen milden Urteilen. Mit der freiwilligen Aufklärung hätten sie der Justiz einen aufwändigen Prozess erspart, der „das Potenzial von mehr als hundert Verhandlungstagen gehabt hätte“, hieß es im Urteil.

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Eine weitere Milderung gab es zudem, weil die Finanzbehörden viel zu lange untätig gewesen seien, die angeblichen Vorermittlungen seien,  so die Kammervorsitzende Claudia Gelber,  von „fraglicher Qualität“ gewesen.   

Erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten an Bonner Fahnder bereits 2010 

Immerhin seien ersten Hinweise auf finanzielle Unregelmäßigkeiten im Nachtclub bereits 2010 an die Fahnder ergangen, durchsucht jedoch wurden die Räume erst 2015. Und das obwohl ein Mitarbeiter des Finanzamtes im Prozess eingeräumt hatte, zweimal monatlich im Bordell aufgeschlagen zu sein, um die Hurensteuern einzukassieren. „Das Verhalten der Finanzbehörde “, so Gelber im Urteil, „hat eine Vielzahl von Merkwürdigkeiten offenbart, die wir nicht aufklären konnten. Aber der Verdacht, dass es hier korrupte Praktiken gegeben hat, liegt nahe. “

Beide Angeklagte haben aus dem Bordellgeschäft heute noch hohe Schulden. Er lebt von Hartz IV und die ehemalige Geschäftsführerin von einer Witwenrente. Beide Angeklagte haben sich komplett aus dem Rotlichtmilieu zurückgezogen. „Es war ein Riesenfehler“, hatte die einstige Bordellchefin erklärt. (ucs)