Zum 75. GeburtstagRomy Schneider und der Junge aus Köln

Romy Schneider 1982 mit Wendelin Werner im Film „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“.

Romy Schneider 1982 mit Wendelin Werner im Film „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“.

Paris / Köln – Ein kleiner Junge wird verprügelt. Sein ganzer Körper ist das Ziel brutaler Gewalt. Und man sieht die großen Augen der Frau, die ihn wie eine Mutter liebt. Eine Szene aus dem Film „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“, die größte schauspielerische Leistung der Romy Schneider. Romys Sohn David starb kurz vor Drehbeginn. Sie starb 1982 wenige Wochen nach Erscheinen des Films. Am Montag wäre Romy Schneider 75 Jahre alt geworden.

Die Rolle des kleinen Jungen, der im Film Max heißt, hatte Romy ihrem eigenen Sohn David Christopher zugedacht. Sie wollte ihn so oft wie möglich bei sich haben, wollte auch beim Dreh mit ihm zusammen sein. Romy vergötterte ihn: „Er ist der Mann meines Lebens.“

Doch als der Dreh begann, lebte er nicht mehr: David Christopher Haubenstock war am 5. Juli 1981 mit 14 Jahren ums Leben gekommen: Beim Versuch, über einen Zaun zu klettern, rutschte er ab und wurde von einer Metallspitze aufgespießt. Das Grundstück gehörte den Eltern von Daniel Biasini (64), dem Ehemann von Romy, Davids Stiefvater.

Trotz des Todes des geliebten Sohnes wurde der Film gedreht, die Dreharbeiten begannen im Oktober desselben Jahres.

Und die Rolle des Max, die einst für David gedacht war, übernahm der 14-jährige Kölner Wendelin Werner, der damals bereits in Paris lebte. Er ist derjenige, in dem Romy ihren geliebten Sohn sah.

Die Schauspielerin Hildegard Knef erinnerte sich: „Sie sprach mit dem Jungen, ließ ihn kaum aus den Augen, verrichtet ihre Arbeit mit übermenschlicher Disziplin.“ Romy selbst sagte damals: „Ich wusste, dass es schmerzhafte Momente geben würde.“ Sie hat diesen Film ihren Toten gewidmet: Ihrem Sohn David, seinem Vater, ihrem ersten Ehemann.

Wendelin Werner hat über diesen Dreh und seine Begegnung mit der trauernden Romy nur ganz selten gesprochen. „Dass ich dazu kam, war eigentlich reiner Zufall.“

Er war Anfang der 80er Jahre in Paris, war Violinist in einem Jugendorchester: „Eines Tages hieß es, für einen Film wird ein Junge gesucht, der Geige spielt. Alle meine Mitspieler hatten Interesse, ich hingegen nicht. Anscheinend hat gerade das die Filmleute auf mich aufmerksam gemacht.“ Die Filmerei fand er nicht nur spannend – sie schreckte ihn auch ab.

Auch da war Romy entscheidend: „Der enorme Medienrummel, der damals um sie entstand, hat mir die dunklen Seiten des Ruhms gezeigt“, sagte er.

Für ihn wurde durch diese Erlebnisse endgültig klar, dass er nicht Schauspieler werden, sondern studieren wollte. Der Kölner ist heute Mathematiker, lehrt und forscht an der Uni in Zürich.