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Sensations-FundMann guckt auf uraltes Gemälde und entdeckt versteckte nackte Person

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In diesem alten Gemälde von Vermeer hat sich eine nackte Person versteckt.

Dresden – Das Dresdner Gemälde „Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster“ von Johannes Vermeer ist weltberühmt.

Experten machten nun eine Entdeckung, die Kunsthistoriker jubeln lässt: Das Mädchen ist nicht allein im Zimmer, rechts hinter der Briefleserin ruhte Jahrhunderte lang, übermalt unter mehreren Farbschichten, in derselben Größe wie die junge Frau, ein draller nackter Amorknabe.

Nach dem spektakulären Fund muss die Geschichte des weltberühmten Bildes „Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster“ von Johannes Vermeer (1632-1675) umgeschrieben werden.

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Eine junge Frau steht Brief lesend am geöffneten Fenster. Sie ist nicht allein, oben rechts schwebt ein nackter Cupido, Gott der Begierde.

Im Zuge der Restaurierung des Kunstwerks in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister haben Fachleute herausgefunden, dass die ursprüngliche Komposition mit dem Bildnis des nackten Cupido (Amor) erst mehrere Jahrzehnte nach dessen Entstehung verändert wurde.

„Bisher war einhelliger Konsens, dass Vermeer selbst die Figur übermalt hat, umso überraschender ist die Entdeckung, dass das von fremder Hand geschah“, sagte der Direktor des Museums, Stephan Koja, in Dresden. Neue Laboruntersuchungen mit modernsten Verfahren hätten das zweifelsfrei bestätigt.

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Das Gemälde „Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster” von Johannes Vermeer ist wohl im Jahr 1658 entstanden.

Nach Angaben von Christoph Herm von der Hochschule für Bildende Künste Dresden sprechen die Pigmente der aufgetragenen Farbschicht für eine Übermalung um 1700, mehrere Jahrzehnte nach Entstehung des Gemäldes und Vermeers Tod.

Sensations-„Bild im Bild”

Wegen des guten Erhaltungszustands der vom Künstler als „Bild im Bild“ eingefügten zweiten Figur wurde entschieden, die Farbschicht zu entfernen. „Damit verändert sich die Bildaussage total“, sagte die Oberkonservatorin des Museums der Staatlichen Kunstsammlungen, Uta Neidhardt. „Jetzt ist es ganz deutlich und klar ein amouröser Kontext: Vermeer wollte zeigen, dass es sich um einen Liebesbrief handelt.“

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Der Restaurator Christoph Schölzel entdeckte die Sensation.

Pikant: Denn Armor, der gerne auch als Cupido bezeichnet wird, ist nicht nur der Gott der Liebe, sondern auch der Leidenschaft, der Hingabe. Die roten Wangen der jungen Frau belegen, dass sie aufgeregt den Liebesbrief liest.

Noch ist der Rest von Armor, der als kindlicher Liebesgott oft nackt dargestellt wird, hinter Farbe versteckt. Das zeigt der aktuelle Stand der Restaurierungsarbeiten.

Wer hat den nackten Armor überdeckt?

Die bisherige Annahme, dass der Künstler den plastisch in Braun- und Ockertönen gemalten Liebesgott wieder getilgt und die Bildaussage absichtlich verschleiert hat, sei falsch.

Unklar ist auch, wer den nackten Blondschopf überdeckt hat. „Wir wissen es noch nicht“, sagte Neidhardt. Die Spuren führten nach Paris, wo das um 1658 entstandene Ölbild einige Jahrzehnte war. „Wir vermuten in dieser Zeit auch die Übermalung.“

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Ein Röntgenbild des Gemäldes offenbart den versteckten nackten Jungen.

Vermeers Briefleserin war dort 1742 für Sachsens Kurfürst Friedrich August II. aus der Sammlung eines Prinzen erworben worden. Als sie nach Dresden kam, war der Nackte schon nicht mehr zu sehen.

Restaurator Christoph Schölzel hat das Bild freigelegt

Seine Existenz ist seit einer Röntgenaufnahme 1979 bekannt, der Fund wurde 1982 veröffentlicht. Seitdem ging die Wissenschaft davon aus, dass Vermeer die Rückwand des Raumes später selbst übermalte. „Er hat in etwa dieselbe Größe wie das Mädchen“, sagte Neidhardt.

Restaurator Christoph Schölzel entfernt die nicht mal einen Millimeter dünne Schicht extrem vorsichtig – mit winzigem Skalpell unter dem Mikroskop.

Restaurator Christoph Schölzel leistet Präzisionsarbeit

„An einem guten Tag schaffe ich ein bis zwei Quadratzentimeter.“ Seinen Angaben nach sind die Originalfarbe und Teile von Vermeers Firnis erhalten und Pinselstrukturen erkennbar. Ein alter Kratzer an der Schulter des Cupido sowie eingetrocknete gealterte Farbe seien Indizien, dass das Gemälde schon Jahrzehnte alt war, bevor die Figur übermalt wurde.

Schölzels Präzisionsarbeit macht die seit Frühjahr 2017 laufende Restaurierung des 83 mal 64,5 Zentimeter großen Gemäldes aufwändiger als gedacht, sie wird noch mindestens ein Jahr dauern. In einer kleinen Ausstellung können Besucher den Zwischenzustand bis 16. Juni in der vom Künstler beabsichtigten subtilen kühlen Farbigkeit sehen und den Amor, der der Briefleserin von oben über die Schulter zu schauen scheint.

Johannes Vermeer ist einer der bedeutendsten holländischen Maler

Die mit der Erforschung verbundene Restaurierung wurde dank einer sechsstelligen Summe der Hata-Stiftung in Tokio möglich, die sich weltweit für Vermeer und Alte Malerei engagiert. Eine internationale Expertenkommission begleitet das Forschungsprojekt.

Von Vermeer, einem der bedeutendsten holländischen Maler des 17. Jahrhunderts neben Rembrandt und Frans Hals, sind laut Koja nur rund drei Dutzend Gemälde bekannt. Zwei davon befinden sich in Dresden: „Bei der Kupplerin“ (1656) und die Briefleserin. Sie werde künftig wieder so zu sehen sein, wie sie das Atelier einst verließ - nach rund drei Jahrhunderten. 

(dpa/mg)