25 Jahre „Schindlers Liste”Enkelin von KZ-Hauptmann: Mein Opa hätte mich erschossen

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SS-Monster Amon Göth (r.), gespielt von Ralph Fiennes in "Schindlers Liste"

von Markus Krücken (krue)

Köln – „Wir sind nicht hier, um mit diesen Leuten herumzustreiten. Erschießen Sie sie.“

Eine Stimme, kalt und zynisch. Maßgeschneidert auf den KZ Plaszow-Kommandanten Amon Göth (erhängt 1946), der das Böse im Monumental-Epos „Schindlers Liste“ verkörpert, das vor 25 Jahren in die Kinos kam.

Ein Streifen, der das Bild vom Holocaust in den Köpfen vieler Menschen prägte.  Jennifer Teege (48) sah ihn das erste Mal, als sie in Israel studierte. Damals wusste sie noch nicht, dass sie mit Göth verwandt ist.

Teege_Jennifer(C) Thorsten Wulff

Enkelin der Bestie: Jennifer Teege arbeitete ihre Familiengeschichte in einem Buch auf.

Schindlers Liste: Die wahre Geschichte vom Fabrikanten, der mit seiner Frau Emilie mehr als 1200 Juden vor der Ermordung durch die Nazis rettete, riss Millionen in ihren Bann.

Sieben Oscars bekam der Film

Sieben Oscars heimste der an Original-Schauplätzen gedrehte Streifen von Kultregisseur Steven Spielberg ein, über 300 Millionen Dollar flossen in die Kassen. Spielberg, selbst Jude, soll am Set geweint haben, Darsteller brachen bei Szenen emotional zusammen.

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Den Zuschauern sind die preisgekrönten Mimen wie Ben Kingsley (Itzhak Stern), Liam Neeson (Schindler) und eben  Ralph Fiennes als SS-Monster Amon Göth im Gedächtnis geblieben.

Als Teege, die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers, Jahre später herausfand, wer ihr Opa war, verarbeitete sie ihre Familiengeschichte in einem Buch. „Amon – mein Großvater hätte mich erschossen“ – so der Titel.

Klar ist: KZ-Kommandanten gab es dutzende. Ohne den Film wären die historische Figur  Göth und seine (Un-Taten) niemals so bekannt geworden.

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Massenmörder Amon Göth wurde nach dem Krieg hingerichtet.

„Schindlers Liste ist kein Dokumentarfilm. Aber vor allem in den USA, wo viele Menschen nicht viel über den Holocaust wussten, hat er Aufklärungsarbeit geleistet“, sagt Teege, die in einer Pflegefamilie aufwuchs und sich vor der „monströsen Figur“ aus dem Film zunächst ängstigte.

„Mich trifft keine Schuld“

Dann aber erkannte sie, „dass mich keine Schuld trifft. Dass ich zur dritten Generation gehöre. Mir ist klar, dass ich Verantwortung trage. Als Deutsche, und als Enkelin von Amon Göth, aber auch als Mensch. Es gibt kein Nazi Gen. Kein Mensch sollte ausgegrenzt werde, weil er anders ist.“

Sie hat bis heute Kontakt zu Überlebenden des KZ Plaszow und einer „Schindlerjüdin“.

Als „Missionarin“ sieht sich die zweifache Mutter nicht, sagt aber: „Ich gehe nicht in Schulen,doch ich habe durch meine Geschichte eine einflussreichere Stimme als andere. Ich sehe Parallelen zur heutigen Zeit, viele Themen in einem neuen Gewand. Wie man mit Minderheiten umgeht, weltweit Populisten aus dem Boden sprießen. Und wenn ich Begriffe wie Flüchtlings-Tourismus höre, wird mir Angst und bange.“

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Klüngelbrüder: Im Film erschleicht sich Schindler (r., gespielt von Liam Neeson) das Vertrauen Göths mit Geschenken.

Synchronsprecher erinnert sich

„Ich lieh dem Teufel meine Stimme. Meine Tochter kann sich den Film bis heute nicht ganz ansehen“, sagt Peter Faerber, der Synchronsprecher von Amon Göth aus Schindlers Liste, unserer Redaktion

Zufällig wurde der Wiener 1993 bei einem „Casting“ für die Rolle des Massenmörders entdeckt.Wie spielt man so einen Charakter? „Wenn der Bösewicht böse klingt, ist er nicht mehr böse“, sagt Faerber, „Ich durfte meine Abscheu der Figur gegenüber nicht kommentieren, ich musste den Göth spielen.“

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Synchronsprecher Peter Faerber lieh Göth die Stimme.

Noch immer wird er auf „Schindlers Liste“ angesprochen. Vor allem von jungen Leuten, die den Film im Schulunterricht gesehen haben. „Es ist ein Jahrhundertwerk. Die offensichtliche Blutrünstigkeit spielt sich psychisch ab. Ich war zwei Tage nach den Aufnahmen nicht ansprechbar, bekomme heute noch Flattern im Bauch, wenn ich meine eigene Stimme höre.“ Diese klingt am Telefon sanft und viel tiefer als im Film.

„Ich synchronisierte auch Hitler im Stauffenberg-Film “Operation Walküre. Mich buchen sie, wenn sie Nazis mit Wiener Dialekt brauchen“, schmunzelt der Mann aus dem Off - und wird dann doch wieder ernst: „Die Arbeit gehört  zu den Verstörendsten meiner ansonsten recht “friedlichen„ Laufbahn. Es ist entsetzlich, dass dieser Film immer noch so wichtig ist und soviel Bedeutung hat. Denn die Gefahr, dass es das wieder gibt, die gibt es noch.“