WWF-Studie mit düsterer PrognoseErde steht kurz vor einem sechsten Massenaussterben

Vögel_Dom_Koeln

Vögel fliegen vor dem nebligen Dom-Panorama in Köln. 

Oslo/Berlin – Die Umweltschutzorganisation WWF hat vor dem größten Artensterben seit dem Ende der Dinosaurierzeit gewarnt. Innerhalb der kommenden Jahrzehnte könne rund eine Million Arten aussterben, erklärte der WWF am Montag (2. März 2020).

Neben der Klimakrise sei das Artensterben die größte Bedrohung weltweit. „Artensterben und Erderhitzung sind zwei Seiten einer Medaille und aufs Engste miteinander verwoben“, erklärte Christoph Heinrich vom WWF.

2020 kann zum Wendepunkt für biologische Vielfalt werden

Ein Beispiel für diesen Zusammenhang sei der Koala, dessen Bestände sich seit 1996 um fast ein Drittel verringert hätten. Vor allem Waldbrände hätten der Art 2019 und 2020 zugesetzt. Bei den Bränden seien „riesige Mengen“ Kohlenstoff freigesetzt worden, die zur Erderwärmung beigetragen hätten.

Die Erderhitzung selbst begünstige wiederum Waldbrände. Die Folgen des Artensterbens seien nicht einschätzbar. Artenvielfalt sei die Grundlage für funktionierende Ökosysteme, „von denen wir Menschen am Ende selbst abhängen“, erklärte Heinrich. Seiner Einschätzung nach kann das Jahr 2020 zum Wendepunkt für die biologische Vielfalt werden.

Forscher: Erde steht kurz vor sechstem Massenaussterben

Vogelarten etwa sterben nach Angaben norwegischer Forscher fünfmal schneller aus als bislang angenommen.

Die Wissenschaftler um Folmer Bokma von der Universität in Oslo kamen in einer Forschungsarbeit zu dem Schluss, dass die Arten heutzutage vor dem Aussterben nur noch knapp 3000 Jahre und damit deutlich kürzer als zuvor berechnet existierten.

Verglichen mit dem vormenschlichen Zeitalter verschwänden die Tiere gar 1000 Mal schneller, erklärte Bokma. Die Erkenntnisse stützten die Ansicht vieler Wissenschaftler, dass sich die Erde kurz vor einem sechsten Massenaussterben befindet, das vom Zutun der Menschen massiv beschleunigt wird. Ihre Ergebnisse hatten die Wissenschaftler in den „Biology Letters“ der britischen Royal Society vorgestellt.

Vögel: In den vergangenen 500 Jahren sind 187 Arten ausgestorben

Derzeit gibt es knapp 11.000 Vogelarten auf dem Planeten, während 187 Arten im Laufe der vergangenen 500 Jahre ausgestorben sind und sich der Bestand vieler weiterer verringert hat. Bei ihren Berechnungen haben die Osloer Forscher berücksichtigt, dass das Aussterben einer Art nur der letzte Schritt eines längeren Prozesses ist. Bokma und seine Kollegen analysierten dazu die Rote Liste bedrohter Tierarten.

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Sie prüften, wie sich die Einstufung von mehr als 11.000 Vogelarten zwischen 1988 und 2016 verändert hatte. 361 wurden demnach „hochgestuft“, ihre Population war geschrumpft und ihre Bedrohung hatte zugenommen, auch wenn sie noch nicht ausgestorben sind.

Artenschutzprojekte: Aussterberate um knapp 40 Prozent verringert

Der Klimawandel sei nicht die größte Bedrohung für die globale Artenvielfalt, sondern die Zerstörung natürlicher Lebensräume durch menschliche Aktivitäten, erklärte Bokma.

Gleichzeitig hob er eine positive Nachricht der Forschungen hervor: Es habe sich gezeigt, dass Artenschutzprojekte einen signifikanten Effekt hätten. Diese Bemühungen hätten dafür gesorgt, dass die Aussterberate um knapp 40 Prozent verringert worden sei. Es dürfe mit dem Artenschutz jedoch nicht gewartet werden, bis eine Art bereits fast verschwunden sei. 

UN-Biodervisitätskonferenz  im Oktober

Umweltschützer fordern mit Blick auf die diesjährige UN-Biodiversitätskonferenz im Oktober, einen gesetzlichen Rahmen für mehr Arten- und Biodiversitätsschutz zu schaffen. 

Gleichzeitig solle die nachhaltige Produktion von Lebensmitteln gefördert werden. Zudem forderte der WWF, naturschädliche Subventionen zu beenden und Schutzgebiete stärker zu finanzieren.

Bei der UN-Biodervisitätskonferenz soll eine neue Strategie für die kommenden zehn Jahre verhandelt werden. Sie soll dazu führen, dass sich Politik und Wirtschaft global bis 2030 auf ein „Leben in Harmonie mit der Natur“ ausrichten. (dpa/afp)