LeverkusenNeues Denkmal arbeitet NS-Historie auf – doch weiter harte Kritik an Bayer

Bayer hat auf seinem Gelände in Leverkusen ein Denkmal für die Zwangsarbeiter der IG Farben errichtet.

Der Erinnerungsort für die Opfer von Zwangsarbeit bei der I.G. Farben in Leverkusen. Trotzdem kriegt Bayer für den Umgang mit der Vergangenheit weiter Kritik ab.

Mit einem Denkmal erinnert Bayer an die Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg. Dennoch gibt es weiter Kritik.

von Thomas Werner (tw)

Es sind Neuigkeiten, auf die man in Leverkusen durchaus stolz ist. Bayer hat an seinem Hauptsitz einen Erinnerungsort zum Gedenken an die Opfer von Zwangsarbeit bei der I.G. Farben während der Zeit des Nationalsozialismus eingeweiht.

Die I.G. Farben hatte eine zentrale Rolle in Hitlers Kriegsmaschinerie gespielt, die heutige Bayer AG war dann 1952 aus der I.G. Farben entstanden.

Neues Denkmal in Leverkusen soll Erinnerungskultur bei Bayer weiter stärken

Die neue, etwa fünf Meter hohe Skulptur erinnert an die rund 16.000 Männer und Frauen aus zahlreichen besetzten Ländern Europas, die im Zeitraum von 1940 bis 1945 an den Niederrheinstandorten der I.G. Farben für die Produktion arbeiten mussten.

„Den Opfern von Zwangsarbeit hier an unserem Hauptsitz in Leverkusen einen Erinnerungsort zu widmen, ist ein weiterer Schritt zur Reflektion des geschehenen Unrechts während der NS-Zeit. Wir möchten in der Auseinandersetzung mit dem Erbe der I.G. Farben eine sichtbare Erinnerungskultur fördern", erklärte der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann.

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Erst vor wenigen Wochen hatte Bayer die Gründung der Hans und Berthold Finkelstein Stiftung gGmbH bekanntgegeben. Auch das ist für den Pharma-Riesen ein Schritt, die Erinnerungskultur im Unternehmen zu verankern.

Hans Finkelstein, ein bekannter Mediziner des 20. Jahrhunderts, gehörte einer jüdischen Familie an, musste Bayer 1938 verlassen und nahm sich ein Jahr später das Leben. Sein Sohn Berthold musste bei der I.G. Farben Zwangsarbeit leisten.

Bayers Umgang mit der eigenen Geschichte steht weiterhin in der Kritik

Aber: Der Umgang Bayers mit der eigenen Geschichte stößt auch weiter auf Kritik. Die Gründung der Stiftung sei zwar gut, komme aber zu spät und sei nicht genug, kritisiert die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CBG), die das Unternehmen seit 1978 kritisch begleitet. Schließlich habe Bayers Übervater Carl Duisberg 1925 mit der I.G. Farben „einen der größten Verbrecher-Konzerne der Welt aus der Taufe gehoben“.

Der Hauptkritikpunkt: Sollte es Bayer mit dem neuen Kurs ernst meinen, sei es wichtiger, sich bei den Hinterbliebenen der Zwangsarbeiter zu entschuldigen und für Entschädigung zu sorgen.

Eine ausdrückliche Entschuldigung hatte allerdings auch Werner Baumann auf der Bayer-Hauptversammlung im April 2023 vermieden – so wie alle seine Vorgänger.

Im Jahr 2000 hatte sich Bayer mit 100 Mio. D-Mark an der Gründung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ beteiligt. Ehemalige Zwangsarbeiter erhielten Einmalzahlungen in späteren Jahren zwischen 500 und 7700 Euro. 

Doch auch damals hatte es Kritik gegeben – weil sowohl Kriegsgefangene als auch westeuropäische zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter finanziell außen vor blieben. (tw)