Farbe, Schweiß und TränenKünstler schwieg neun Monate – jetzt explodierte er förmlich

Der Pop-Art-Künstler Niko Nikolaidis hat über neun Monate geschwiegen. Das Ende dieser Zeit explodierte förmlich in einem neuen Bild.

von Marcel Schwamborn (msw)

Pop-Art-Künstler Niko Nikolaidis (32) ist bekannt für seine exzentrischen Auftritte. Wenn er ein Bild malt, dröhnt die Musik, spritzt die Farbe und es fließt der Schweiß. Über 400 Bilder hat der Künstler mit griechischen Wurzeln seit Karrierestart vor sieben Jahren gemalt. Das Teuerste ging für 56.000 Euro weg.

In diesem Jahr wagte er ein neues Experiment. Vor neun Monaten legte er sich selbst ein Schweigegelübde auf, kommunizierte nur noch per Zeichensprache oder schriftlich. Zum Finale ließ er sich vor einer Woche auch noch den Mund zunähen, Augen und Ohren schließen.

Pop-Art-Künstler Niko Nikolaidis schwieg über neun Monate

Am Donnerstagabend (22. Dezember 2022) endete diese Phase der Askese nach 6570 Stunden mit einem großen Knall – und wilden Szenen. Nikos Schwester Maria und Bruder Theo führten den Künstler in dessen Atelier in Hürth, verlasen ein Gedicht. Für jeden Monat des Schweigens wurde eine Kerze entzündet.

„Ich will neugeboren werden – und es dauert neun Monate, bis ein Mensch geboren wird“, begründete er den Zeitraum der Meditation. Und in der Tat sah die Rückkehr des Künstlers ins Leben fast wie eine Geburt aus. Er krümmte sich auf dem Boden, hämmerte mit den Händen auf den Beton, würgte, hustete, weinte.

Komplett in Trance und mit vollem Körpereinsatz machte er sich an einer Leinwand zu schaffen und drückte so seine Gefühle aus. Seine Mutter schaute sich das wilde Spektakel stolz an. „Ich habe ihm gesagt, er soll als Erstes nach seinem Schweigen ‚Mama‘ sagen“, verriet sie. Nach vielen Schreien war der Ausruf „Ich bin wieder da“ dann aber der erste klar zu verstehende Satz.

„Mir fehlen die Worte. Ich bin echt stolz auf mich und zufrieden. Damit habe ich meiner Seele geholfen“, sagte Nikolaidis nach der Performance völlig erschöpft zu EXPRESS.de. „In den neun Monaten ging es darum, aus diesem ganzen Chaos, aus dieser Garage voller Gedanken, rauszuplatzen.“

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Nicht zu sprechen war da eine große Hürde. „Ich bin ein Typ, der Extreme durchdringen muss. Eigentlich liebe ich es zu sprechen, aber ich liebe auch Herausforderungen. Ich habe irgendwann nicht mehr gefragt, warum ich das mache. Das werde ich in den nächsten Wochen vielleicht realisieren.“

Das Herzblut dieser Zeit brachte er mit viel Acrylfarbe auf eine Leinwand. „Meine komplette Energie blieb in mir, es gab keinen Weg heraus. Nun ist jede Zelle in mir explodiert und in diesem Werk zu finden“, sagte er zufrieden beim Betrachten des Bildes.