In Köln-Flittard droht 51 Menschen die Zwangsräumung. So ist die Lage vor Ort.
Zwangsräumung in Köln„Wir sind doch keine Schwerverbrecher“
Aktualisiert12.09.2025, 14:02
Schimmel im Bad, Wasser läuft von den Wänden, der Strom wurde aus Sicherheitsgründen abgestellt, die Lebensmittel verderben im Kühlschrank.
Und jetzt müssen alle 51 Mieter und Mieterinnen raus! Zwangsräumung. In einem Schreiben, das EXPRESS.de vorliegt, stellte die Stadt ein Ultimatum bis zum Freitag, 12. September. Doch bis zum Mittag hat die Zwangsräumung noch nicht stattgefunden.
51 Menschen droht in Köln-Flittard die Zwangsräumung
EXPRESS.de war am Vormittag (12. September 2025) vor Ort, hat mit Betroffenen gesprochen. Die Lage ist brisant, viele weinen, die Nerven liegen blank.
Kosta Chaimanatzis wohnt seit 2010 in dem Haus. „Wir sind doch keine Schwerverbrecher, aber man behandelt uns so“, ist der 53-Jährige sauer. Er fühlt sich von der Stadt im Stich gelassen. „Mein 16-jähriger Sohn ist grade in einer wichtigen Schulphase und jetzt sollen wir in eine Notunterkunft mit Junkies und Obdachlosen. Wie soll sich mein Sohn da auf die Schule konzentrieren.“
Allerdings trifft die Stadt in diesem Fall nicht die Hauptschuld. Der Eigentümer ist offenbar insolvent. Laut Mitteilung der Stadt an die Bewohner und Bewohnerinnen ist bereits ein Insolvenzverwalter eingeschaltet.
Der Eigentümer wollte das Haus sanieren. Das Dach wurde bereits abgetragen. „Doch dann ging ihm das Geld aus. Oben regnete es rein. Eine Katastrophe. Das Wasser sackte durch die Mauern von oben bis ins Erdgeschoss“, erklärt ein Anwohner das Problem.

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Maria Thiel (35) zeigt einen der vielen Wasserschäden in ihrer Wohnung in Köln-Flittard.
Ebenfalls betroffen ist Mieterin Maria Thiel (35). „Ich habe zwei Kinder, acht und zwölf Jahre alt. Ich habe es hier nicht mehr ausgehalten. Ich bin am Donnerstag ausgezogen und bin jetzt in einer Notunterkunft in Porz. Da hab ich wenigstens warmes Wasser“, erzählt sie unter Tränen.
Das Problem: „Die Kinder müssen in Flittard zur Schule. Das ist ein weiter Weg. Die Achtjährige muss ich noch bringen. Da gehen mehrere Stunden drauf“, ist Maria verzweifelt.
Seit zwölf Jahren lebt die 35-Jährige hier in Flittard. „Die Kinder sind hier groß geworden, haben hier ihre Freunde und Freundinnen. Jetzt werden sie hier einfach so rausgerissen.“

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Das betroffene Haus in der Eduard-Heis-Straße in Köln-Flittard.
Razet Khadzhieva (35) wohnt mit ihrem Mann und vier Kindern (7, 11, 14, 16) ganz oben, direkt unter dem nicht mehr vorhandenen Dach. Sie soll nach Rodenkirchen. Auch Razet weiß nicht, wie sie es schaffen soll, das siebenjährige Kind von Rodenkirchen nach Flittard in die Grundschule zu bringen. „Mit Hin- und Rückfahrt und Abholen bin ich mit Bus und Bahn sechs Stunden am Tag unterwegs“, ist sie fassungslos und enttäuscht von der Stadt. „Hat die nicht eine Unterkunft hier in der Nähe?“
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Beim Gang durch ihre Wohnung wird das Ausmaß des Schadens schnell sichtbar. Überall lösen sich die Tapeten, es riecht moderig und nach Schimmel.
„Wir hatten die Wohnung erst frisch renoviert und jetzt ist alles wieder kaputt“, schildert Razet. Im Hausflur vor ihrer Wohnung steht das Wasser auf dem Boden und tropft in Eimer. Damit das Wasser nicht in die Wohnung läuft, hat die 35-Jährige mit Klebeband eine Barriere gebastelt.
Wie es weitergeht in Flittard – bisher noch völlig unklar. Der Kölner „Miet-Rebell“ Kalle Gerigk war am Freitag auch vor Ort, um mit Mietern und Mieterinnen zu sprechen. Er vermutet, dass in Kürze ein genauer Termin für die Zwangsräumung über einen Gerichtsvollzieher oder eine Gerichtsvollzieherin zugestellt wird.