+++ SERVICE +++ Aktueller Rückruf Giftige Pflanzenstoffe in Babynahrung: Vom Verzehr wird dringend abgeraten

+++ SERVICE +++ Aktueller Rückruf Giftige Pflanzenstoffe in Babynahrung: Vom Verzehr wird dringend abgeraten

Wir waren kölsche Miljönäre„Sir“ Hans Münnichhoff war der King im Puff

Er ist jetzt 77, ein Rentner. Hans Münnichhoff hält ein Erotikbuch in der Hand: Das Sex-Geschäft machte ihn einst reich.

Er ist jetzt 77, ein Rentner. Hans Münnichhoff hält ein Erotikbuch in der Hand: Das Sex-Geschäft machte ihn einst reich.

Köln – Luden und Laster: Im Kölner Rotlicht-Miljö lockten Millionengewinne. Besonders in den 60er Jahren eröffneten reihenweise Etablissements, sogenannte Animierdamen schafften an, Messegäste gehörten zu der gern gesehenen und gut zahlenden Klientel in den Puffs der Innenstadt.

Viel Schwarzgeld floss in dieser Zeit. Bordell-Inhaber wie „Sir“ Hans Münnichhoff waren unentwegt im Visier von Polizei und Staatsanwaltschaft.

Er trug Anzüge und Schuhe vom feinsten, gerne Versace. Der vielleicht eleganteste der abgestürzten Kölner Bordellkönige hatte im Miljö den Titel „Sir“. Der Laden, in dem EXPRESS „Sir“ Hans Münnichhoff (77) trifft und fotografiert, ist voller Bücher. Dieser Laden gehörte mal ihm. Damals war er voller Nutten.

Hier, im „Café Charmante“ an der Großen Budengasse – heute eine Buchhandlung – umgarnten die Prostituierten an der Bar die oft gut betuchten Männer. Beim „Sir“ kommt da Wehmut auf: „Ja, ich habe damals viel Geld angeschafft…“

Die Geschäfte im Rotlicht machten den Jungen aus einfachen Verhältnissen einst reich. Münnichhoff wuchs am Stavenhof im Eigelsteinviertel auf. Er besuchte keine Schule, lernte zusammen mit seinen Brüdern, sich auf der Straße zu behaupten, schlug sich buchstäblich durchs Leben. Er sammelte Schrott und handelte mit „Klütten“.

Nächste Seite: „Ich habe Tageszimmer vermietet“

„Ich habe Tageszimmer vermietet“

Anfang der 80er Jahre kommt der Wandel: Aus dem Hans wird der „Sir“ – er geht ins Miljö und steigt nach oben. Er ist jetzt Puffkönig. Seine beiden City-Häuser, das „Café Lautrec“ und das „Charmante“, laufen bombig. Die Etablissements sind überregional schnell bekannt. „Die ganze Welt hat bei mir verkehrt. Und das jahrelang“, sagt Münnichhoff. Im Blick zurück legt er Wert auf die Begriffe. Nein, Zuhälter sei er nicht gewesen. „Ich habe Tageszimmer vermietet.“

Ja, „Sir“, aber an wen? An die Frauen, die jede Nacht an der Bar saßen und ihm 60 Mark zahlten, um eins der 15 Zimmer zu buchen, wo sie ihre Liebesarbeit leisteten. Da sprang täglich ein fünfstelliger Umsatz bei raus. Da wurde man als Bordellkönig reich und reicher. Und der „Sir“, der kaufte Immobilien, war gegenüber Familie und Mitarbeitern großzügig.

Eines Tages aber zog ein Sturm auf. Und dann folgt die vielleicht unglaublichste Geschichte im Leben dieses Mannes.

Hans Münnichhoff hat im Garten seiner Villa in Hoffnungsthal Schwarzgeld gehortet. Auch seine Frau weiß nichts davon. Die ganze Kohle steckt in einem Vogelhäuschen. „Ich hatte das Bargeld immer dorthin gebracht. Ich habe es gar nicht gezählt, nur reingestampft.“ Es passen ganz schön viele Scheine in so ein Vogelhäuschen.

„Eines Nachts tobte ein Sturm über Hoffnungsthal. Ich bin runter gegangen, es war schwer am Regnen, alles war am Blitzen. Ein Knall jagte den andern. Auf einmal guckte ich zum Vogelhäuschen. Da lag das zersplittert op de Ääd. Und das Geld ist in den Wald reingegangen. Alles war weg. Ich habe nichts mehr gefunden, nicht einen Schein.“

Weggefährten von damals nicken, wenn man sie auf dieses Unheil anspricht. Unglaublich fertig soll Münnichhoff damals gewesen sein.

Nächste Seite: 2003 zieht sich der Strick zu

2003 zieht sich der Strick zu

Es gibt noch ein weiteres dickes Ende. 2003 haben die Behörden den Puffkönig am Wickel. Finanzamt, Steuerfahndung, Polizei, Ordnungsamt: Der „Sir“ ist fällig. „Es lief zu gut. Da hat die Stadt mich kaputt gemacht“, behauptet Münnichhoff und erzählt von einer Razzia.

„Wie die Razzia war, war ich feiern. Ich kam zurück, da standen zehn Mann von der Polizei vor der Tür und riefen "Hände Hoch!" Es war Schluss mit der Herrlichkeit. Ich musste die Läden dichtmachen.“ Münnichhoff wurden Steuerprozesse gemacht. Die goldenen Zeiten waren vorbei.

Heute lebt Münnichhoff in einer kleinen 40-Quadratmeter-Wohnung in der Innenstadt. Er trägt immer noch teure Anzüge und edle Schuhe. Alte Freunde treffen ihn einmal die Woche am Eigelstein: „Hans – wat läuf?“

Natürlich hatten die angesagten Läden in den wilden Zeiten einen Ruf.

Dennoch war Werbung nötig. Hans Münnichhoff hat Zuhause in seiner Wohnung noch einige „Werbe“-Dokumente der Miljö-Zeit liegen. Unter anderem antiquierte „Flyer“. Da heißt es dann zum Beispiel: „Erlebniswelt in einem gepflegten Ambiente mit zivilen Preisen“. Illustriert durch (Animier-)Damen, die mit üppigem Vorbau am Tresen sitzen.

Ein solcher Anblick empfing die Gäste dann auch beim Eintritt – denn die Erlebniswelt des „Café Lautrec“ und „Café Charmante“ mitten im Zentrum der Stadt war nichts anderes als ein Bordell. Kleine runde Tische standen im „Lautrec“ am Eingang, an dem die Damen saßen. Sowohl im Erdgeschoss als auch im Keller gab es eine Bar.

An manchen Tagen sollen 50.000 DM Umsatz erzielt worden sein, erzählt Münnichhoff. Im Gegensatz zu der Puffdame „Piccolo-Lore“, die in ihren Läden am Klapperhof keine Zuhälter hineinließ, empfing der „Sir“ auch die trinkfreudigen Stenze zu Gelagen in seinen florierenden Innenstadt-Etablissements.