„Wodka fehlte“Michail Gorbatschow: Als Gorbi plötzlich in Kölner Veedel auftauchte

Michail Gorbatschow und Hans-Dietrich Genscher lachen in die Kamera

Michail Gorbatschow (l.) und Hans-Dietrich Genscher 2008 in Köln-Thielenbruch.

Weltweit trauern die Menschen um den ehemaligen russischen Präsidenten Michail Gorbatschow. Was weniger bekannt ist: Er hatte eine enge Bindung nach Köln.

von Bastian Ebel (bas)

Das kleine Veedel Thielenbruch in Köln-Delbrück: Bekannt für das Straßenbahnmuseum und die Endhaltestelle der Linien 3 und 18. Aber Schauplatz der großen Weltpolitik?

Und wie: Denn als am Abend des 14. Juni 2008 die Karossen an der Thielenbrucher Allee vorfuhren, stand die Nachbarschaft am Fenster. „Ist das nicht?“ Er war es: Der große Michail Gorbatschow entstieg der Limousine und wurde in der Privatvilla der Familie Patzer begrüßt.

Köln: Als Michail Gorbatschow in Thielenbruch vorfuhr 

„Das war damals eine Sensation bei uns in Dellbrück“, erinnert sich Paveier-Urgestein Bubi Brühl am Tag nach dem Tod Gorbatschows auf EXPRESS.de-Nachfrage. Wie es dazu kam?

Die Bürgergesellschaft Thielenbruch hatte den Nobelpreisträger zur Ordensverleihung für „Zivilcourage und Charakter“ eingeladen – und er kam wirklich vorbei.

„Zwei Jahre Vorbereitung hat es gebraucht, bis alles klar war“, erzählte damals Vereinschef Klaus Herre dem EXPRESS. „Meine Frau kam dann auf Gorbatschow. Und ich dachte, ich versuch' es einfach mal“, so Herre.

Zwei Monate hat er gebraucht, um allein Gorbis Adresse ausfindig zu machen: „Aber ich bin immer drangeblieben.“ Ebenso konnte er den Laudator, den ehemaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher, für sich gewinnen.

Mit großem Tamtam wurde der Orden verliehen und Genscher meinte damals zur Begrüßung zu Gorbatschow: „He, Sportsfreund, lange nicht gesehen“. Offiziell genoss der ehemalige Präsident der UdSSR einen „Tee mit Zitrone“.

Köln: Gorbatschow brauchte erst einmal einen Wodka 

Aber Bubi Brühl, der Gorbi damals die Hand schüttelte, weiß noch heute von einer anderen Anekdote zu berichten. „Ich kann es nicht mehr genau sagen, aber es fehlte auf jeden Fall Wodka“, kann er sich an die zwei Stunden des Besuchs erinnern.

„Ich habe dann gesagt: Stimmt, wenn ich in Russland geehrt werde, möchte ich bitte auch ein Kölsch.“ Ob es eine Tankstelle in der Umgebung oder ein Supermarkt war, weiß Brühl heute nicht mehr. „Aber jemand hat dann schnell Wodka für Gorbatschow besorgt.“

Der lobte Köln dann auch über den Klee. „Ich bin den Ärzten hier sehr dankbar“, sagte er. Denn was kaum jemand wusste: Seine Frau Raissa Maximowna Gorbatschowa hatte sich ein paar Monate vorher inkognito in die Kölner Uniklinik begeben, um sich einer Krebstherapie zu unterziehen. Aus Dank über die erfolgreiche Behandlung hatte Gorbi fortan Köln immer in seinem Herzen.