Wegen CoronaKölner Richter trifft nach Beschwerden eine kluge Entscheidung

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Benjamin Roellenbleck

Köln – Der Kölner Richter Benjamin Roellenbleck ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Wenn nötig, dann trifft er knallharte Urteile; wie im Fall des Totrasers von der Aachener Straße, den er mit den Worten „Das war Harakiri“ für fast drei Jahre in den Knast schickte (hier lesen Sie mehr). Am Dienstag fällte Roellenbleck abermals eine kluge Entscheidung.

Köln: Richter fragte vergeblich nach größerem Saal

Eigentlich wollte die 13. Große Strafkammer gegen den Eric X., den Vergewaltiger von der Siegaue, verhandeln. Am Vortag noch hatte der Vorsitzende Richter laut eigener Aussage versucht, zumindest den Saal zu wechseln.

Geht nicht, habe man ihm gesagt und so pressten sich Staatsanwalt, Gutachter, Verteidiger und zahlreiche Journalisten am Dienstagmorgen in den relativ kleinen Saal 23. Mindestabstand von zwei Metern? Pustekuchen!

Köln: Gutachter protestiert wegen Corona-Viren

Nach einer halben Stunde „geselligen Beisammenseins“ dann plötzlich die Entscheidung, dass der Raum gewechselt wird, der viel größere Saal 112 war frei. Nachdem sich die Prozessbeteiligten und Zuschauer im Treppenhaus des Justizgebäudes anstellten, natürlich wieder ohne Abstand, reichte es dem Psychiater Friedrich Krull.

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Journalisten und Prozessbeteiligte am Dienstag dicht gedrängt in Saal 23 des Landgerichts.

„Wir standen hier Anorak an Anorak“, sagte Krull, auch wären die Prozessbeteiligten gefährdet, sollten sie ohne Abstand nebeneinandersitzen, etwa auf der Richterbank. Krull, etwa 70 Jahre alt, ließ keinen Zweifel daran, dass die Kölner Justiz nicht verantwortungsbewusst handelt. Richter Benjamin Roellenbleck traf daraufhin die in Augen vieler einzig richtige Entscheidung.

Kölner Richter trifft kluge Entscheidung

„Wir beenden das jetzt hier und vertagen uns auf den Herbst“, sagte Roellenbleck. Fristen werden dadurch nicht berührt, der Angeklagte sitzt wegen der Vergewaltigung einer jungen Frau (hier lesen Sie mehr) ohnehin noch viele Jahre in Gefängnis. Der Täter wurde von den Wachtmeistern gar nicht in den Saal gebracht und musste ohne Prozess zurück in die JVA Köln.

Eric X. sollte sich am Dienstag wegen schwerer Brandstiftung vor dem Landgericht verantworten. Er hatte vor zwei Jahren in seiner Zelle in der JVA Ossendorf Feuer gelegt, war dabei selbst erheblich verletzt worden. Justizbedienstete erlitten Rauchverletzungen, auch soll X. die Beamten mit dem Tod bedroht haben. Zu seiner Strafe von zehn Jahren wegen Vergewaltigung wird jetzt noch ein satter Aufschlag erwartet.

Kölner Gericht: Viele Verhandlungen fallen aus

Nachdem die Kölner Präsidenten von Amtsgericht, Landgericht und Oberlandesgericht auf die richterliche Unabhängigkeit und das Öffentlichkeitsgebot bei Verhandlungen hingewiesen hatten, sagten viele Richter bereits ihre Gerichtsprozesse ab, um Mitarbeiter, Besucher und auch sich selbst zu schützen. 

Mussten sich am Montag noch Besucher eines Prozesses am Landgericht um versuchten Totschlag in eine „Corona-Liste“ eintragen (hier lesen Sie mehr), war davon am Dienstag keine Spur.

Eine einheitliche und effektive Regelung sucht man bei der Kölner Justiz vergebens. Dem Vernehmen nach wurden auch Wachtmeister komplett im Dienst belassen. Bricht hier ein Corona-Fall aus, müsste das Justizgebäude womöglich ganz geschlossen werden.