Wahrsager nerven 85-JährigeStatt Glück gibt’s nur bergeweise Post

Ruth N. hat die Briefe der vermeintlichen Heilsbringer aus den letzten 12 Monaten gesammelt und für den EXPRESS ausgebreitet.

Köln – Ruth N. (85) kann hellsehen. Wenn die Seniorin morgens den Briefkasten aufmacht, weiß sie schon, dass für sie was drin sein wird: Post vom Wahrsager. Denn eine internationale Schar von selbst ernannten Propheten belästigt die alte Dame täglich mit dubiosen Angeboten.

Anthony Carr, der wahlweise von einer Briefkastenadresse in Budapest oder aus dem Sultanat Brunei schreibt, verspricht Ruth N. zum Beispiel große Geldlieferungen. Der Haken: Sie soll vorher 35 Euro überweisen.

Samuel, der Wunderwahrsager, stellt bei Bezahlung von 25 Euro gar einen Gewinn von 10 Millionen Euro in Aussicht. So ähnlich wie die „Magnetiseure Angèle und Angélica“, „Michelle Devon, Hellseher des neuen Jahrtausends“, der „supra-sensorische Numerologe Morgan T.“ oder „Der Rat der Mönche von Meteora“.

Sie alle schreiben aus Holland, Frankreich oder von den Samoa-Inseln, bieten gegen kleine Geldbeträge riesige Gewinne, Glück fürs ganze Leben oder die Aufnahme in einen Club von Auserwählten.

„Alles Schabernack“, weiß Ruth N. aus Merheim. Sie bekommt diese Post bereits seit den 80er Jahren – aber seit kurzem beinahe täglich. Für den EXPRESS legt sie die Werbebriefe eines ganzen Jahres auf den Wohnzimmertisch. „Das sind gut 300 Stück. Ich würde diesen Betrügern niemals etwas überweisen, ich sammel das nur für die Verbraucherzentrale.“

Aber woher haben die alle nur Ruths Adresse? Ihre Vermutung: „Ich hab’ vor 30 Jahren mal Jojoba-Öl bei einem Pharmazeuten in Wien bestellt, der dann als Betrüger in der Presse auftauchte. Vielleicht hat der meine Adresse weitergegeben.“

Bei der Verbraucherzentrale ist man ratlos. „Ein sehr, sehr, sehr extremer Fall“, so Beraterin Sabine Mayer. „Wir vermuten, dass die Adressdaten weiterverkauft wurden.“ Leider kann man die Endlospost nicht abstellen. „Wenn die Werbepost personalisiert ist, dann müssen wir die zustellen“, so ein Sprecher der Post. Da hilft auch kein Aufkleber: „Keine Werbung!“