„Villa Charlier“Lost Places: Die Ruine der Bosse - hier saß die Leitung der KHD-Werke

Die verlassene Villa Charlier in Mülheim. Von hier lenkten Direktoren das KHD-Werk.

Köln – Ein Raum mit grün gestrichenen Wänden, im selben Ton ein abgenutzter Sessel, mit einem Milchkännchen auf der rechten Lehne. Ein bizarres Bild. So sieht es aus in der Villa Charlier. Sie gehörte mal zum großen Konzern Klöckner-Humboldt-Deutz. Scherben, Nägel, aufgesplittertes Holz.

Auf dem Weg ins Innere fällt sofort auf: hier haben Vandalen gewütet. Man stolpert über zerfledderte Tapeten, aus Wänden gerissene Leitungen, Müllberge. Graffiti sind an den Wänden.

Villa Charlier also hieß dieses Haus an der Deutz-Mülheimer-Straße einstmals, pompös und glanzvoll. Es war eine Betriebsvilla, gebaut in den 50er Jahren. Davor stand hier das prunkvolle Haus von Max Charlier (1854 - 1939), Sohn des Mitbegründers der Waggonfabrik Zypen & Charlier.

Der Geschäftsführer und Kommerzienrat Charlier lebte einst mit Frau Maria Luisa in der Nähe seiner Fabrik. Das Anwesen wurde im Krieg zerstört und durch das heutige Gebäude ersetzt. In den 50er Jahren übernahm Klöckner-Humboldt-Deutz AG (KHD) die Firma. In der neuen Residenz wurde nicht mehr gewohnt sondern gearbeitet.

Über Jahrzehnte saß hier die kaufmännischen Leitung der KHD-Werke, die 1997 in die Deutz AG umgewandelt wurden. Auch Mitarbeiter-Schulungen wurden dort durchgeführt. Alte Unterlagen und Geräte, die herumliegen, zeugen von der betriebsamen Zeit: Broschüren zu Umwelt- und Energietechnik, alte Computer-Monitore und Schilder, vor Räumen, auf denen „Schulungsraum“ steht. Weiter im oberen Stockwerk: auf den alten Dielen knarrt es, von der West-Seite gelangt kaum Licht in die Räume.

Gruselig ist der Anblick eines Handabdrucks an der Wand - aber dann zeigt sich: es ist nur rote Farbe. Nebenan auf dem Gelände der Deutz AG ein ähnliches Bild. Wo einst vor 150 Jahren die Motorisierung der Welt mit dem Otto-Motor begann, stehen leere Hallen. Nichts ist von den goldenen Zeiten übrig geblieben.

Zumindest in die Villa aber soll wieder Leben einziehen. Hier plant die Stadt einen Kindergarten.