Verwirrendes Kölner UrteilFreispruch für Kinderschänder – und dennoch Haft!

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Das Kölner Landgericht an der Luxemburger Straße.

Köln – Auf den ersten Blick ist es ein bizarres Urteil, das der Kölner Richter  da gesprochen hat.

Ein wegen Kindesmissbrauchs beschuldigter Schlosser (58) aus Erftstadt hatte zum Prozessauftakt alle sieben Anklagepunkte der Kölner Staatsanwaltschaft eingeräumt.

Trotzdem erhielt er für die meisten Vorwürfe einen Freispruch, und am Ende lediglich ein Jahr Haft.

Stieftochter und Nichte missbraucht 

Dem Mann wurde unter anderem vorgeworfen, vor zwanzig Jahren seine minderjährige Stieftochter unsittlich berührt zu haben.

„Wenn die das jetzt so sagt, dann wird das schon stimmen“, hatte der Angeklagte beim Verhandlungsbeginn gesagt. Erinnern könne er sich aber nicht mehr. Auch soll der heute 58-Jährige in mehreren Fällen seine Nichte sexuell missbraucht haben. 

Die heute 22-Jährige hatte das Verfahren gegen den Onkel ins Rollen gebracht, nachdem dieser sie im Juli vergangenen Jahres angefasst hatte.

Der Mann hatte seiner Nichte im Schlaf den Slip ausgezogen – aber bestritten, sie dann missbraucht zu haben. „Ich wollte sie nur ärgern, weil sie meiner Frau nicht beim Spülen geholfen hat“, hatte der Angeklagte zu den Vorwürfen gesagt. 

Vorwürfe über Anwältin eingeräumt 

Dass er die Nichte aber bereits in ihrer Kindheit sexuell missbraucht hatte, hat der Angeklagte über seine Anwältin Denise Gerull vollumfänglich eingeräumt.

Als ihn der Richter dann dazu befragte, relativierte der Beschuldigte jedoch die Taten. Der Vorsitzende Richter hatte den Angeklagten ermahnt, das laxe Geständnis könne sich strafschärfend auswirken. Tatsächlich trat nun das Gegenteil ein. 

Da die Geständnis-Fragmente des Angeklagten nicht mit der Anklage übereinstimmten, und das traumatisierte Opfer im Zeugenstand keine konkrete Erinnerung mehr an die etwa zehn Jahre zurückliegenden Vorfälle hatte, wurde der Beschuldigte für diese Anklagepunkte freigesprochen. 

Schlimmere Geschehnisse im Hintergrund 

„Es scheint so, als wollten sie eine harmlosere Geschichte präsentieren, da es wohl viel schlimmere Geschehnisse im Hintergrund gibt“, sagte der Richter. Diese wären aber nicht Teil der Anklage und konnten im Prozessverlauf nicht mehr aufgeklärt werden. 

So blieb es am Ende bei einem Jahr Haft. Neun Monate hat der nun Verurteilte bereits durch Untersuchungshaft abgesessen. Richter Kaufmann verfügte aber noch, dass der Erftstädter im Rahmen des Strafvollzugs in eine Entzugsklinik eingewiesen wird.

Tickende Zeitbombe

Der 58-Jährige habe ein ernsthaftes Alkoholproblem. Sein Frauenbild sei hochproblematisch, er sei eine tickende Zeitbombe.

Ihn jetzt in die Freiheit zu entlassen wäre gefährlich – zumal sich dessen Familie von ihm losgesagt hätte.

„In Erftstadt stehen die sicher mit der Heugabel am Straßenschild, wenn Sie da ankommen, weil sich das ja auch rumgesprochen hat, was sie da alles gemacht haben sollen“, sagte der Richter.

Daher erhielt der Vorsitzende den bestehenden Haftbefehl aufrecht.

(exfo)