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Alle mussten rausKölner Unterkunft für Obdachlose geräumt – Security bewacht Gebäude

Ein Umzugswagen steht vor dem Haus, mehrere Personen, darunter eine Polizistin stehen davor.

Am Mittwoch (31. Mai 2023) rückte der Umzugswagen am OMZ-Haus in Köln-Deutz an. Die Bewohnerinnen und Bewohner mussten alle aus dem Gebäude ausziehen. 

Protest vor dem OMZ in Deutz. Dort müssen alle Obdachlosen am Mittwoch (31. Mai 2023) ausziehen. 

von Iris Klingelhöfer (iri)

Ein Leben auf der Straße – für viele ist allein die Vorstellung ein Albtraum. Für zahlreiche Obdachlose in Köln wird dieses Leben nun noch ein Stück schwerer: Am Mittwoch (31. Mai 2023) musste das „OMZ“-Haus an der Gummersbacher Straße in Deutz geräumt werden.

Das Projekt OMZ („Obdachlose mit Zukunft“) ist ein Modell für selbstverwaltetes Wohnen und Arbeiten für obdachlose Menschen in Köln. Mehrere Initiativen, die das OMZ seit seinem Beginn im Jahr 2020 unterstützen, hatten am Mittwoch zu einer Protestkundgebung aufgerufen. 

Eine Band spielt am Gehweg vor dem OMZ-Haus, dabei steht ein Mann mit Mikrofon. Eine handvoll Passantinnen und Passanten sind stehen geblieben.

Mit Rednern und Musik: Am Mittwoch (31. Mai 2023) findet vor dem OMZ-Haus an der Gummersbacher Straße in Köln-Deutz eine Protestkundgebung statt. 

Kölner Obdachlose hatten im OMZ in Deutz ein Zuhause

„Wir beobachten, was passiert“, sagte Gründungsmitglied Kalle Gerigk, der selbst vor Ort ist, am Vormittag gegenüber EXPRESS.de. Die Lage sei entspannt, erste Menschen würden freiwillig ausziehen. Ob diese alle jetzt in städtische Unterkünfte ziehen, scheint unklar. „15 haben nichts und wollen auch nicht in die Notunterkunft in der Vorgebirgsstraße.“ Einige würden wohl zunächst in Zelten leben. 

Am Nachmittag meldete Gerigk: „Ich habe Krawall befürchtet, aber alles ist friedlich geblieben.“ Keine Hausbesetzung, keine gewaltsame Räumung. Stattdessen seien alle widerstandslos raus, einige hätten allerdings noch Sachen im Keller gelagert, die sie in Absprache mit dem Hausmeister später nachholen können. Ein Security-Dienst sorgt dafür, dass keiner unerlaubt das Haus betritt. 

„Es war zum Teil sehr traurig, Menschen haben geweint, lagen sich in den Armen“, erzählte Kalle Gerigk. Es sei aber letztendlich ein gutes Miteinander, auch mit der Stadt gewesen. Anerkennung von vielen Seiten erntete Sozialdezernent Harald Rau, der ebenfalls vor Ort war. 

OMZ-Haus in Köln-Deutz war für viele Obdachlose wie ein Zuhause

Für gut zwei Jahre war das OMZ für viele Obdachlose quasi ein Zuhause. Dort hatten sie Zugang zu Sanitäranlagen, zu Küchen, konnten in einer Gemeinschaft leben. „Wir sind über die Jahre eine Familie geworden, wir wollen als Familie zusammen blieben. Entweder alle oder keiner“, sagte eine der Bewohnerinnen.

Bewohner André Salentin: „Aus dem OMZ heraus wurde unbürokratische Hilfe beim Kontakt zu Ämtern geleistet für nicht-deutsche Bewohnerinnen und Bewohner, Notschlafstellen für von sexualisierter Gewalt Betroffene wurden eingerichtet. Auch wenn es manchmal schwierig war, haben wir ein gemeinsames Miteinander bis heute gut hinbekommen.“ Nach dem Aus konnte unter anderem er in eine städtische Wohnung ziehen. 

OMZ Köln: Obdachlose müssen Haus in Deutz räumen

„Vor wenigen Wochen teilte die Stadtverwaltung den knapp 30 Bewohnerinnen und Bewohnern des Projektes mit, dass sie bis zum 31. Mai das Haus aufgrund von Gewaltvorfällen zu räumen haben“, erklärt Kalle Gerigk. Eine würdige Wohnmöglichkeit im Anschluss werde vonseiten der Stadt nicht zur Verfügung gestellt, beklagte er. 

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Zwar habe das Dezernat für Soziales, Gesundheit und Wohnen eine Anschlussunterbringung in einem aktuell leer stehenden Haus in Merheim in Aussicht gestellt – jedoch erst ab dem 1. September und nur für einen kleinen Kreis der jetzigen Bewohnerinnen und Bewohner, kritisiert Gerigk: „Wer in das Haus darf, wird in einem langwierigen Castingprozess ausgewählt.“ 

Kalle Gerigk spricht in ein Mikrofon.

Kalle Gerigk, Gründungsmitglied des OMZ e.V. spricht anlässlich einer Protestkundgebung am Mittwoch (31. Mai 2023) vor dem OMZ-Haus an der Gummersbacher Straße in Köln-Deutz. 

Zu den Gewaltvorfällen sagt er: „Problem war nicht die Gewalt, sondern die fehlende Unterstützung durch die Stadt.“ Opfer hätten oftmals aus Angst, die Täter nicht verraten. 

Stadt Köln: Gewaltvorfälle und Polizeieinsätze Beleg des Scheiterns

Seitens der Stadt wurde die Situation in dem Haus anders bewertet. Demnach hätten sich nur noch wenige der ursprünglich Projektteilnehmenden dort aufgehalten, stattdessen seien andere, überwiegend männliche Obdachlose unerlaubt eingezogen. Auch der Einsatz eines Sozialarbeiters vor Ort habe die Situation nicht nachhaltig verbessern können, Gewaltvorfälle und häufig notwendige Interventionen der Polizei seien ein trauriger Beleg des Scheiterns dieses Projektes. 

Das Haus an der Gummersbacher Straße steht im Eigentum der GAG und soll jetzt nach längerer Planung abgerissen werden. Laut Stadt ist es inzwischen in einem derart maroden Zustand, dass eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. (iri)