Theater im KnastHier spielt Trudel Ulmens Killer den wilden Ikarus

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Hans-Werner Ulmen (58) spielt eine Hauptrolle.
Köln – Hans-Werner (58) breitet die Arme aus, reißt den Mund auf, als wolle er uns alle erschrecken. Er ist der Hauptdarsteller der Theater-AG in der JVA Ossendorf.
„Super hast du das gemacht“, sagt der Regisseur. Sein „Star“ ist kein kleiner Gauner. Der 58-Jährige hat seine Ehefrau getötet, die Tat 16 Jahre lang vertuscht. Er ist der Killer von Trudel Ulmen aus Rheinbach.
So viele Jahre hatte er geschwiegen, sogar eine neue Familie gegründet. Das Wissen um seine Tat war immer präsent.
„Ich lebte mit der Angst, jederzeit auffliegen zu können“, erzählt er dem EXPRESS bei der Theaterprobe. Jetzt kann er reden. Sein Prozess ist vorbei; im Dezember kassierte er vorm Landgericht Bonn elf Jahre Haft wegen Totschlags.
„Ich bin ein vollkommen gewaltloser Mensch“, behauptet der gelernte Heilpraktiker heute. An jenem Abend am 20. März 1996 habe er einen Blackout gehabt. Er stritt sich heftig mit Ehefrau Trudel. „Ich wollte nur, dass sie still ist“, sagt er, „da habe ich ihr ein Kissen aufs Gesicht gedrückt.“
Die Frau erstickte. Hans-Werner Ulmen ließ die Leiche verschwinden, erzählte der Polizei, Trudel habe ihn verlassen, sie sei ins Ausland gegangen. Die Beamten glaubten das, ermittelten nicht.
Als Trudel Ulmen für tot erklärt werden sollte, brachte ein Journalist den Fall noch mal ins Rollen. Die Polizei glich Trudels DNA mit einer unbekannten Toten ab: Treffer. Das Lügengebilde des Ehemanns brach wie ein Kartenhaus zusammen.
„Ich bin mit dem Urteil nicht einverstanden“, jammert Ulmen. Elf Jahre seien zu hart für eine Tat im Affekt, mit acht oder neun Jahren Haft hätte er leben können. „Ich möchte irgendwann in den offenen Vollzug, draußen wieder arbeiten.“
Er hat bereits im Knast einen Job. „Ich arbeite in der Wäschekammer, schon in höherer Position“, berichtet er stolz. Dass er in der Theater-AG eine Hauptrolle (entweder Ikarus oder Dädalus aus der griechischen Sage) spielen darf, freut ihn.
„Hier kann ich abschalten, bin raus aus der Zelle. Das ist für mich Freizeit.“ Regisseur Karlheinz Angermeyer (66) will auch gar nicht wissen, warum seine Schauspieler einsitzen.
Wichtig ist es für Hans-Werner Ulmen, dass ihn seine Familie nicht fallenließ. Seine Tochter (15) besuche ihn regelmäßig, auch seine Mutter (85).
Nur sein Sohn (6) soll in nächster Zeit nicht mehr zu ihm ins Gefängnis kommen. „Ihm ging es sehr, sehr schlecht, als er mich hinter Gittern sah, das hat er alles nicht verstanden.“
Ulmen ist klar, dass viele ihn für ein Monster halten. „Aber ich bin ein ganz normaler Mensch“, beteuert er. Einer, der vor vielen Jahren ein schreckliches Verbrechen beging...