Bergisch Gladbacher (37)Alkohol: Riskante Hardcore-Therapie – Ärzte warnen davor
Bergisch Gladbach – Wenn er polnische Worte hört, lächelt er. Überhaupt kann Sylwester Jaromin (37) heute wieder lachen.
Der Hausmeister aus Bergisch Gladbach möchte Menschen Mut im Kampf gegen den Alkohol machen.
Die Sucht hatte den wortkargen gebürtigen Polen jahrelang im Schwitzkasten. Er zählte zu den geschätzten 1,77 Millionen Männern und Frauen zwischen 18 und 64 Jahren hierzulande, die als alkoholabhängig gelten. Es gibt etwa 74.000 Todesfälle pro Jahr, die durch riskanten Alkoholkonsum verursacht werden.
Heute sagt auch der Handwerker-Profi: „Hätte ich weiter gesoffen, wäre ich jetzt tot. Vor einem Jahr habe ich mein Leben geändert.“
Bergisch Gladbach: Autounfall veränderte Sylwesters Leben
Denn damals entging er nur knapp einer Katastrophe, als er bei Bergisch Gladbach in den Gegenverkehr geriet, ins Schleudern kam und sich überschlug.
„Ich hatte 2,9 Promille. Es war eine Zeit, in der ich eingenässt auf der Couch aufwachte. Entweder aufhören oder sterben. Eine Alternative gab es nicht“, schildert er bewegt.
Und so wurde er Medizintourist.
Er hatte gehört, dass in seiner Heimat Polen der Zwangsentzug dank eines Mittels namens Disulfiram möglich ist. Hierfür ließ er sich eine Art Sonde nahe des Gesäß einpflanzen, die –einfach gesagt – durch das Absetzen von Stoffen im Körper dazu führt, dass der Körper mit akuten Schmerzen reagiert, wenn ihm Alkohol zugeführt wird.
Arzt rät von Hardcore-Therapie dringend ab
In Deutschland sowie den meisten Ländern Europas ist dieses Mittel nicht verfügbar. Aus guten Gründen.
Medizin-Experte Dr. Wolfgang Auer kann von dieser Hardcore-Therapie nur eindringlichst abraten: „Das ist nichts anderes, als wenn du Alkohol trinkst, und danach immense Nebenwirkungen verspürst. Außer in Polen wird es nirgends mehr angewendet. Es kann sogar tödlich sein.“
Der Fachmann weiter: „Übelkeit, Herzrasen, Tachykardien sind mögliche Folgen. Es ist eine wirksame Methode, aber man muss heute als Arzt davon abraten. Die Behandlung der Alkoholkrankheit ist nicht umsonst in den letzten zwei Jahrzehnten modifiziert worden.“
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Sylwester sagt, ihm sei keine andere Wahl nach dem Autounfall geblieben, denn zig Versuche, dem Dauer-Kontrollverlust entgegenzuwirken und Teufel Alkohol abzuschwören, seien jämmerlich gescheitert.
Ex-Alki aus Bergisch Gladbach: Es war fast zu spät
Heute beschreiben ihn Freunde als aufmerksamer, freundlicher, fröhlicher. Er habe sich um 180 Grad gedreht.
„Ich bin nicht rückfällig geworden. Bewusst hab ich die Sonde mir da einsetzen lassen, wo ich nicht rankomme, um sie abzureißen. Im Nachhinein hätte ich diese Entscheidung früher treffen müssen. Es war fast zu spät“, schließt Sylwester.
Und macht sich fleißig an die Arbeit. Mit nüchternem Kopf und einem Wasser in der Hand.