Achtung, Schwimm-Alarm„Ignoranz schwer zu ertragen“ – Kaum Becken, aber ein neuer Plan für Köln

Ein Kind schwimmt im Stadtbad Märkisches Viertel. Auf den Fliesen steht die Aufschrift "nur für Schwimmer".

Zu wenige Plätze für Schwimm-Anfängerinnen und -Anfänger: Die Stadt Köln hat kaum noch Lehrschwimmbecken in Betrieb. Das Symbolfoto wurde in Berlin aufgenommen.

Schwimmen ist Überlebenskompetenz. Und die soll eigentlich die Schule vermitteln. Doch in Köln gibt es dafür kaum Becken. Mit Schwimmcontainern soll die Not gelindert werden. Allerdings geht es nur langsam voran.

von Alexander Haubrichs (ach)

Kinder sollen schwimmen lernen – doch das wird gerade in Köln immer schwieriger. Für Kids, deren Eltern sich nicht selbst um einen Platz in den überfüllten Schwimmschulen kümmern, ist es nahezu unmöglich – denn die Stadt hat ein massives Becken-Problem.

„Viel zu wenige Lehrschwimmbecken sind derzeit nutzbar“, schlägt der Sportausschuss-Vorsitzende Oliver Seeck (48, SPD) angesichts von bundesweit 300 Ertrinkungsopfern im Jahr 2021 Alarm.

Nicht einmal vier Lehrschwimmbecken in Betrieb

Derzeit stehen lediglich vier der neun Lehrschwimmbecken für die über 38468 Kölner Grundschüler und Grundschülerinnen (Schuljahr 2021/22) zur Verfügung: die Schwimmhallen am Erlenweg, in der Konrad-Adenauer-Straße, in der Sportplatzstraße und am Kartäuserwall.

Seeck: „Ich hatte schon im September zu einem Schwimmgipfel geladen. Alle haben guten Willen gezeigt, doch Realität ist auch, dass sich an der prekären Situation in den nächsten Jahren nichts ändern wird. Ich kann diese Ignoranz bei diesem lebenswichtigen Thema ganz schwer ertragen.“

Der Gymnasiallehrer, der an der Kölner Sporthochschule studierte und mit seinen Kindern selbst in der Stadt lebt, weiß um die Brisanz des Themas.

Laut DLRG sind inzwischen sechs von zehn Kindern nach dem Ende der Grundschule keine sicheren Schwimmer. Das kann durch Übermut oder Pech fatale Folgen haben, immer wieder kommt es in den Sommermonaten zu Ertrinkungsfällen bei Nichtschwimmern und -schwimmerinnen.

Im vergangenen Jahr ertrank ein Jugendlicher im Otto-Maigler-See in Hürth, 2021 konnte im Rotter See ein 26-jähriger Nichtschwimmer nur tot geborgen werden.

Die Corona-Pandemie hatte das Problem zusätzlich verschärft, die Schwimmbäder waren teilweise geschlossen, Unterricht fand keiner statt, weder privat noch in der Schule.

Jetzt will Seeck mit mobilen Schwimmcontainern gegensteuern. „Damit kann uns zumindest die Wassergewöhnung schon mal gelingen.“ Gerade in sozialen Brennpunkten kämen die Kinder viel zu spät mit Wasser in Kontakt. Trotz aller Bemühungen musste der Lehrer nach der Sitzung des Sportausschusses am 2. Februar 2023 allerdings konstatieren: „Es ist unfassbar, aber in einem Jahr ist in Sachen Schwimmen in Köln nichts passiert.“

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Seeck wirbt dafür, im Rahmen eines Pilotprojekts an geeigneten Grundschulen bis zu 1400 Kindern in den Sommermonaten in dem Container zumindest die Grundfertigkeiten des Schwimmens zu vermitteln.

Die Idee stammt vom Kölner „Sharky Sportsclub“-Geschäftsführer und DSV-Schwimmtrainer Martin Becker und Frank Rabe (Generalsekretär des Schwimmverbands NRW).

Schimm-Container kostet 173.500 Euro

Die Kosten für die Anschaffung des Containers sind auf 173.500 Euro veranschlagt, dazu kommen Wasser- und Energie-Kosten von etwa 450 Euro die Woche.

Der Schwimmcontainer würde allerdings nicht an Wert verlieren, könnte nach dem Pilotprojekt auch wieder veräußert werden, heißt es. Schwimmtrainer würden dort die Kids auf das Erlernen einer sicheren Schwimmfähigkeit vorbereiten.

Seeck: „Den avisierten Termin nach den Osterferien wird die Stadt wohl nicht einhalten können. Aber derzeit können sich interessierte Grundschulen bei der Stadt melden, dann kann das Pilotprojekt starten.“