Schwachsinn oder richtig?Kölner Bürgermeister: Neuer Name für die Poller Wiesen

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Beliebte Grünflüche im Rechtsrheinischen mit herrlichem Blick auf Kranhäuser und Dom: die Poller Wiesen, hier im Oktober 2020.

von Jan Wördenweber (jan)

Köln – „Soll ich dir saare, wat für mich et Jröößte ess?“ fragt Kölschrocker Jürgen Zeltinger in einem seiner Songs und liefert gleich die Antwort: „Ne Kaste Bier em Sommer op der Poller Wiss“. Keine Frage, der langgezogene Grünstreifen am rechten Rheinufer ist eine der beliebtesten Freizeit-Flächen der Kölner. Klar, dass sich da Unmut regt, wenn plötzlich der Name in Frage gestellt wird. 

  • Poller Wiesen: Kölner Bürgermeister regt Umbenennung an
  • Grünfläche befindet sich auch auf Gebiet in Deutz
  • Gegen die Idee regt sich Widerstand vor allem in Poll

Mehr noch: Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) regt an, die Poller Wiesen gar umzubenennen, frei nach dem kölschen Grundgesetz: „Et bliev nix wie et wor“. Vor allem in Poll fragen sich jetzt viele: „Hätt der se noch all?“

Unter den Poller Wiesen wird in der Regel das gesamte Rheinufer zwischen dem Molenkopf des Deutzer Hafens und der Rodenkirchener Brücke bezeichnet. Aber: Der Wiesenbereich rheinabwärts der Südbrücke gehört zum Stadtteil Deutz. 

Poller Wiesen: Bürgermeister Andreas Hupke regt Umbenennung an

Genau diese Tatsache hat nun Andreas Hupke auf den Plan gerufen. Als er im Zuge des Problems mit der Drehbrücke an der Alfred-Schütte-Allee in Deutz mit vielen Bürgern sprach, sei ihm oft geantwortet worden: „Die Poller Wiesen? Die sind aber doch in Poll. Und wir stehen hier in Deutz!“ Aufgrund geografischer Verunsicherungen mancher Kölner sei ihm recht spontan eine Umbenennung in den Sinn gekommen, sagt Hupke auf EXPRESS-Anfrage. 

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Andreas Hupke (Grüne), ist Bezirksbürgermeister der Kölner Innenstadt.

Lukas Lorenz, SPD-Ratsmitglied aus Poll, kamen die Wörter „Mumpitz“ und „Effekthascherei“ in den Sinn, als er die Äußerungen des Innenstadt-Bezirksbürgermeisters vernahm und teilt kräftig aus: „So ein Schwachsinn. Alle Kölnerinnen sprechen seit Jahrhunderten rechtsrheinisch von den Poller Wiesen, auch wenn ein Teil von ihnen in Deutz liegt. Das soll auch so bleiben. Wenn wir jetzt anfangen, historisch gebräuchlich Ortsbezeichnungen zu hinterfragen und nach Bezirks- und Stadtteilgrenzen neu zu benennen, na dann ‚Prost Mahlzeit‘. Das ist ja wie Kleinstaaterei.“

SPD-Politiker aus Köln-Poll schießt scharf gegen Andreas Hupke (Grüne)

Würde der Umbenennungsvorschlag umgesetzt, dann sei er reif für das Schwarzbuch der Steuerverschwendung, wettert Lorenz und bringt einen Gegenvorschlag ins Spiel, den er jetzt noch ganz ernst meint: „Da der Deutzer Friedhof in Gänze auf dem Gebiet des Stadtteil Poll liegt und auf ihm viele Poller*innen ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, schlage ich vor, diesen zukünftig in Poller Friedhof umzubenennen. Dann sind wir quitt.“

Kölner Bürgermeister Hupke: Diskussion über Poller Wiesen

Zwei, die sich besser verstehen als Hupke und Lorenz, sind Hupke und Burgwinkel. Hans Burgwinkel vom Poller Heimatmuseum zeigt sich in einem offenen Brief entsetzt vom Ansinnen des Politikers und verweist auf den historischen Begriff Poller Wiesen und die zahlreichen Verschiebungen von Grenzen in der langen Historie Kölns.

Burgwinkel, der mit Hupke per du ist, erinnerte ihn an einen damaligen Termin auf Deutzer Boden: „Du hast die erste von 6 Informationstafeln über die Poller Wiesen an der Alfred-Schütte-Allee eingeweiht – allerdings genaugenommen nicht auf ursprünglich Poller Gebiet, sondern wenige Meter nördlich …“

Gegenüber EXPRESS teilte Hupke mit, dass er sich mit Hans Burgwinkel – der als Sprachrohr für viele Poller gilt – inzwischen ausgetauscht habe. Er habe niemand mit seiner Idee verletzen wollen. Er habe auch nicht damit gerechnet, dass sein „Denkanstoß“ so hohe Wellen schlägt.

Und nun? „Es wird eine Umbenennung nur dann geben, wenn es einen einstimmigen Beschluss der Bezirksvertretung gibt. Derzeit sehe ich den nicht,“ sagt Hupke.  

„Die Poller Wiss ess ew'jer als die Ewigkeit", heißt es denn auch bei Zeltinger. Dass er bald „Düxer Wiss" singen muss, ist derzeit so wahrscheinlich wie eine Meisterschaftsfeier des FC.