Stadt änderte Verfahren„Schulplatz-Roulette“ bringt Kölner Eltern zur Verzweiflung

Schule Klasse

Bei rund 1000 Kölner Schülern, hier eine 5. Klasse in NRW, konnte der Erstwunsch beim Wechsel von der Grundschule nicht erfüllt werden. 

von Marion Steeger (MS)

Köln – Man hört Alexandra Houf die Anspannung an: „Es gibt aktuell kein anderes Gesprächsthema. Man fühlt sich so hilflos, so im Stich gelassen.“ Grund für diese Situation: In Köln „hagelte“ es nicht nur unfassbar viele Absagen für den Schulwunsch von Kindern, die in die fünfte Klasse kommen. Ein geändertes Verfahren der Stadt mit dazugehöriger „Schul-Lotterie“ treibt viele Eltern auf die Barrikaden.

  • Viele Absagen für den Schulwunsch von Kölner Kindern
  • Eltern fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen
  • Stadt änderte Verfahren beim Schulwechsel

Alexandra Houf lebt mit ihrer Familie in Lindenthal. Ihr Sohn wäre von der Manderscheider Grundschule so gerne aufs Schiller-Gymnasium gewechselt. Was nicht nur daran liegt, dass beide Schulen in Sülz liegen, lange Fahrwege also erspart blieben. Doch dann kam die Absage: 229 Bewerbungen auf 120 Plätze – der Sohn von Alexandra Houf hatte keine Chance.

Schulplatz-Roulette in Köln: Kein moderiertes Verfahren mehr

Doch mit der Absage kam auch gleich ein Formular mit ausgewählten Schulen, bei denen sich die Familie alternativ bewerben könnte. Blöd nur, dass auf der Liste nicht auch die freien Plätze angegeben waren, Eltern von vornherein hätten sehen können, ob eine Bewerbung überhaupt Sinn macht. Und vom bisherigen Prozedere, dass Eltern frei eine zweite Schulwahl nennen können, keine Spur mehr. Und auch keine Rede mehr vom bislang praktizierten Verfahren, bei dem sich Stadt, Bezirksregierung und Schulen zusammensetzten, um Lösungen für abgelehnte Schüler zu finden, um so Härtefälle zu vermeiden.

Seitdem gibt es das große Zittern nicht nur bei Familie Houf. Denn die Plätze werden per Los vergeben. „Wir sind wütend“, so Alexandra Houf. „Die Kinder bekommen die Diskussionen, die Verhandlungen natürlich mit. Und dann die Schulgefühle, wenn ich meinem Sohn erklären muss, dass dieses ganze Drama nicht an seinen Schulnoten liegt. Er hat nur Einsen und Zweien. Dann bringen Sie ihrem Kind mal bei, warum es nicht auf der Schule angenommen wird.“ 

Schulplatz-Roulette in Köln: Kinder auseinandergerissen

Der Sohn von Olaf Wittrock wurde ebenfalls bei seiner Lieblingsschule abgewiesen. Wittrock kritisiert: „Die Kinder und ihre Eltern, die sich einmal darauf gefreut haben, an einem Gymnasium ihre Schulzeit gemeinsam fortzusetzen, werden unweigerlich zweimal durch ein pures Glücksspiel auseinandergerissen worden sein. Und das alles in einem Verfahren, bei dem die Stadt mittendrin die Regeln ändert, und dann nicht einmal offenbart, wie groß die Chancen in der Tombola sind und was passiert, wenn die Sache schiefgeht.“

Die Absage-Zahlen in Köln sind in der Tat heftig: Bei Gesamtschulen konnten 695 Wünsche nicht berücksichtigt werden, bei Gymnasien 407, bei Realschulen 100. Für Houf, die inzwischen mit rund 100 Eltern in der Initiative „Die Abgelehnten“ aktiv ist,  liegt die Schuld ganz klar bei Versäumnissen der Stadt. 

Schulplatz-Roulette in Köln: Demo vor dem Rathaus

Am Montag, 19. April, tagt der Kölner Schulausschuss. Und Alexandra Houf wird mit vielen anderen Eltern vorm Rathaus demonstrieren. Unter dem Motto „Schulplatz-Roulette jetzt stoppen“.

Bei vielen Kommunalpolitikern finden die wütenden Eltern Gehör. So formuliert das Bündnis Grüne, CDU, FDP und Volt für den Schulausschuss am 19. April: „Faktisch gibt es den Zweitwunsch nicht mehr und die Eltern der abgelehnten Kinder bekommen nun nur noch eine Liste noch offener Plätze und müssen sich (mindestens) ein zweites Mal auf die Suche nach einem Schulplatz machen.“

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Im Ratssaal der Stadt Köln wird am Montag, 19. April, der Schulausschuss tagen, sich mit dem Thema Anmeldung für weiterführende Schulen beschäftigen. 

Damit „ziehen sich die Bezirksregierung und die Stadtverwaltung aus der Verantwortung und wälzen alles auf die Eltern ab. Zudem wurden hier Fakten geschaffen, ohne den Schulausschuss resp. die Politik einzubinden“.

Schulplatz-Roulette in Köln: Heftige Kritik seitens der Politik

Auch die SPD kritisiert: „Wenn das bislang erfolgreich praktizierte Verfahren mit der auf viele Schultern verteilten Verantwortung im Sinne der Schüler und ihrer Familien in diesem Jahr erstmalig keine Anwendung mehr findet, ist dies allein in dem eklatanten Fehlen der seit vielen Jahren geplanten und angekündigten Schulplätze begründet.“

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Die Anmelde-Box im Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasium. Hier meinten Eltern sarkastisch: „Ob die Anmeldung da gleich geschreddert wird?“

Die Stadt Köln hatte das neue Verfahren übrigens so erklärt: „Um eine transparente und realistische Wahloption für den Zweitwunsch zu bekommen, erhalten die Eltern, deren Kind an der Erstwunschschule nicht aufgenommen werden konnte, künftig eine Übersicht aller Schulen mit freien Kapazitäten.“

Die Eltern hätten dadurch „zielgerichtet die Möglichkeit, ihr Interesse an einem Schulplatz an der von ihnen genannten Zweitwunschschule zu bekunden, soweit dort noch Kapazitäten zur Verfügung stehen, oder aber eine neue Wahl zu treffen. Dies erweitert die Möglichkeiten der Eltern gegenüber dem bisherigen Verfahren, bei dem den Eltern lediglich ein konkreter Schulvorschlag gemacht wurde“.