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Samy Deluxe rechnet in Köln ab„Daran glaube ich nicht!“

30 Jahre auf der Bühne und plötzlich im Hörsaal: Rap-Legende Samy Deluxe hat an der Uni Köln Tacheles geredet – und mit der heutigen Musikszene abgerechnet.

Eine Ansage, die sitzt! Statt auf einer riesigen Festivalbühne stand Rap-Legende Samy Deluxe (47) am Donnerstag (30. Oktober 2025) im Hörsaal der Uni Köln. Eingeladen vom Cologne Hiphop Institute, sprach er über 30 Jahre Karriere – und machte direkt klar, was er von künstlicher Intelligenz in der Musik hält: rein gar nichts.

„Zeig mir eine KI, die in 20 Jahren so rappen und texten kann wie ich: Daran glaube ich nicht“, so der Hamburger Rapper vor den anwesenden Schülern und Schülerinnen sowie Studentinnen und Studenten.

Doch wie entsteht so ein unnachahmlicher Stil? Sein größter Hit „Weck mich auf“ aus dem Jahr 2001 sei das perfekte Beispiel: Eine Mischung aus monatelanger, harter Arbeit und einem Geistesblitz.

„Das war mein durchdachtestes Werk bis dahin“, verrät er. Der entscheidende Refrain, der den Song zum Hit machte, entstand aber quasi nebenbei: „an einem Morgen innerhalb von 20 Minuten“ auf dem Weg ins Studio. 

Professor Oliver Kautny im Gespräch mit Rapper Samy Deluxe

Professor Oliver Kautny im Gespräch mit Rapper Samy Deluxe.

Der Weg zum Rap-Olymp war für den auch als Wickeda MC bekannten Künstler aber alles andere als geradlinig. Er sprach offen über seine Jugend: Als Siebtklässler flog er von der Schule, verbrachte ein halbes Jahr in Cornwall bei einer Gastfamilie und fand über die englische Sprache zum Rap. Sein großes Vorbild: US-Rapper KRS-One. „Der hat zwei Sachen verbunden: die aggressive Art zu rappen und gegen die gesellschaftlichen Umstände zu sprechen“.

Als Sohn einer alleinerziehenden Mutter und eines abwesenden sudanesischen Vaters fühlte er sich oft „zwischen den Stühlen“, ein Thema, das er in seinen wortgewaltigen Texten immer wieder aufgriff.

Genau diese Perspektiven machen Hip-Hop für Professor Oliver Kautny, den Leiter des Instituts, zu einem wichtigen Forschungsgegenstand. „Samys Songs sind selber immer Produkt des eigenen Lernens und Vermittelns“, erklärt er laut „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Im Gespräch zeigte sich der Star überraschend nahbar. Er findet heute, dass nur etwa ein Drittel seiner Alben wirklich gut seien – nicht unbedingt die, die bei den Fans am beliebtesten sind. Doch bei aller Selbstkritik bleibt die typische Samy-Deluxe-Lässigkeit nicht aus, denn er ist sich sicher: Menschliche Emotionen kann keine Maschine ersetzen.

Und dann rechnet er mit der heutigen Szene ab. Er kritisiert statusorientierte Rapper, die für schnelle Klicks auf Social Media kaum noch Hirnschmalz in ihre Texte stecken. Ein absolutes No-Go für ihn: Playback-Rappen.

Auch auf die heutige Jugend blickt er besorgt: „Ich habe das Gefühl, die Jugendlichen hängen zu viel am Straßenrand ab. Es sollte viel mehr Jugendzentren geben“. Diese hätten ihn und andere Stars wie Max Herre und Afrob groß gemacht.

Nach dem Corona-Knick hat Samy Deluxe seine Prioritäten neu geordnet. Statt großer Festivals organisiert er lieber eigene Events mit Nachwuchskünstlerinnen und -künstlern. Sein neues Motto lautet: „Qualität statt Quantität“. Er will einen „kulturellen Wert“ schaffen und Leute inspirieren. (red)