Im verruchten Ambiente der Pascha-Tabledance-Bar fand die Buchpräsentation von „Wenn es Nacht wird in Köln, Teil 2“ statt. Viele Zeitzeugen waren extra angereist.
Rotlicht-Storys in Köln„Miljö“ feiert Buch über „Schäfers Nas“: „Man bekam direkt Angst“
Es war schon ein ungewöhnliches Bild, als am Dienstagmittag (29. August 2023) in der Hornstraße 250 Gäste ins Pascha-Tabledance strömten. Im plüschigen Ambiente des Nachtclubs vergaßen die meisten bei Kölsch und Sekt schnell die Uhrzeit.
„Wir haben viel Seide hier – und Halbseide“, scherzte Moderator Kai Ebel (58) beim Blick durch die Reihen. „Wie sagt man so schön: Gestern noch Einzelhaft, heute schon fabelhaft“. Anlass für das Treffen vieler Größen aus dem Kölner „Miljö“ war die Veröffentlichung des Buchs „Wenn es Nacht wird in Köln, Teil 2 – Jetzt erst recht“.
„Wenn es Nacht wird in Köln“ – Teil eins war ein großer Erfolg
Vor sieben Jahren hatte Roland Bebak (58) das erste Buch über die Kölner Zock- und Rotlichtszene der 60er-, 70er- und 80er-Jahre veröffentlicht. Damals stand der „Lange Tünn“ (77) im Zentrum der Geschichten. Das Buch wurde ein Mega-Erfolg. Im zweiten Teil bildet nun Zuhälter-Größe Heinrich Schäfer (†60), von allen nur „Schäfers Nas“ genannt, den roten Faden.
Bebak hat sieben Jahre lang mit vielen Menschen gesprochen, die sich im Nachtleben auskennen und teilweise ihre eigenen Gesetze hatten. Rocker Klaus, Schieve-Hals Horst, Kanacken Toni, Schmitze Billa, Pillen Rolf oder Zementkopp sind oder waren selbst Kölner Größen. Sie schildern in 78 Kapiteln, was „die Nas“ ausgezeichnet hat.
„Wenn man die ‚Nas‘ gesehen hat, bekam man direkt Angst. Der hatte Schuhgröße 51, war eine richtige Kante. Das war eine echte Erscheinung. Wenn er irgendwo reinging, machten die Leute direkt Platz“, erinnerte sich der „Lange Tünn“.
„Wenn der abends mit seinen Rottweilern über die Ringe marschierte, wussten alle Bescheid. Der hat mich angebrüllt und gesagt: ‚Ich werf‘ dich weg, wie ein halbes Hähnchen‘. Damals hatten er und auch ‚Dummse Tünn‘ absolut das Sagen“.
Bebak hat Schäfer anlässlich der Buchvorstellung extra in Lebensgröße aus Wachs erstellen lassen. Dass durch solch ein Buch Unterweltgrößen der Vergangenheit glorifiziert werden, sieht der Herausgeber nicht so. „Gerade wegen der Clankriminalität und den ganzen Gewalttaten, die in Köln passieren, sehnen sich die Leute nach den guten alten Zeiten, wo nicht gleich zum Messer gegriffen wurde, sondern noch Fäuste gesprochen haben“, sagte er EXPRESS.de. „Wir wollen die Jungs von früher nicht zu Helden machen, aber es ist nun mal ein Stück Zeitgeschichte von Köln.“
Ähnlich argumentierte auch Schauspieler Ralf Richter (66). „Es war ja klar, dass sich an so einem Buch die Geister scheiden. Es geht nicht um eine Verherrlichung von bösen Menschen oder schlimmen Umständen, sondern darum, die Zeiten Revue passieren zu lassen. Selbst im Rotlicht war es damals nicht so gefährlich wie heute“, sagte er zu EXPRESS.de. „Da gingen die Leute mit der Faust aufeinander los, aber nicht mit dem Messer und schon gar nicht mit Knarren.“
Zur Buch-Vorstellung sorgten auch zwei Kölner Musiklegenden für den passenden Rahmen. Erry Stoklosa (75) und Micky Brühl (62) traten als „2 Voices“ auf und sangen Hits wie „Drink doch eine met“, „Zo Fooss noh Kölle jonn“ und „In unserem Veedel“. Passend zum Ambiente wurde aus „To all the girls I loved before“ die kölsche Version „Für all die Mädche he am Rhing“.
Erry Stoklosa und Micky Brühl traten zusammen als „2 Voices“ auf
Bläck-Fööss-Urgestein Stoklosa erinnerte sich an die Band-Anfänge. „Damals sind wir in der Diskothek ‚Graf Zeppelin‘ auf Mallorca aufgetreten. Im Publikum saßen viele Herren, die damals in Köln auf den Ringen das Sagen hatten. Nachdem wir ‚Ming eetste Fründin‘ gesungen hatten, stand einer auf, drückte Tommy Engel einen 100-Mark-Schein in die Hand und sagte: ‚Nochmal‘. Dann haben wir das Lied noch mal gespielt“.
Solche Erlebnisse beeindruckten auch Moderator Ebel. „Ich habe während meines Studiums in Köln auch oft die Nacht zum Tag gemacht. Die Menschen haben Sehnsucht nach den alten Zeiten. Deshalb lesen sie diese Geschichten auch so gerne“.