11.000 Euro MietschuldenNRW-Städte schieben obdachlose Kölnerin mit vier Kindern hin und her

Eine Frau macht ein Selfie mit ihren Kindern.

Ines Kerstin hier mit ihren Kindern auf einem Foto von besseren Tagen im August 2020, kurz nach ihrem Umzug. Nach einer Zwangsräumung am 12. Januar 2023 ist die Familie obdachlos. 

Es sind schwierige Tage für die Kölnerin Ines Kerstin und ihre vier Kinder. Die alleinerziehende Mutter ist gerade obdachlos. Sie kann aber keine Hilfe von Behörden beantragen, weil zwei Städte in Nordrhein-Westfalen sich nicht einig sind, welche für sie zuständig ist.

von Adnan Akyüz (aa)

Ines Kerstin (41) ist im August 2020 aus Köln nach Korschenbroich im Rhein-Kreis Neuss gezogen. „Weil ich in Köln keine Wohnung gefunden habe“, erklärt sie. Ihre Wohnung an der Werner-von-Siemens-Straße musste sie aber am 12. Januar 2023 wegen einer Zwangsräumung verlassen. Seit diesem Tag ist sie mit ihren vier Kindern (3, 7, 15, 18) obdachlos.

Zu der Zwangsräumung sei es wegen Mietrückständen gekommen. Ines Kerstin ist der Ansicht, das Jobcenter habe die Miete nicht gezahlt. Das Jobcenter sei der Ansicht, so erklärt Ines Kerstin, dass sie das Geld erhalten hatte und die Miete selbst zahlen sollte. Trotz einer Abtrittserklärung, wie sie sagt. Die regelt, dass die Miete vom Jobcenter direkt an die Vermieter, in diesem Fall ein Wohnungsunternehmen aus Düsseldorf, geht. Die habe Ines Kerstin unterschrieben, versichert sie.

Kölnerin mit vier Kindern nach Zwangsräumung obdachlos

Der Fehler ihrer Ansicht nach: „Ich muss 900 Euro Miete zahlen und habe vom Jobcenter 800 Euro pro Monat erhalten.“ So sein rund 11.000 Euro Mietschulden inklusive Gerichtskosten zusammengekommen. Am Montag (30. Januar) hat sie einen Termin vor dem Düsseldorfer Sozialgericht. Dort wird entschieden, ob das Jobcenter ihre Mietschulden zahlen muss oder nicht.

Sollte das Gericht zu ihren Gunsten entscheiden, kann sie mit ihren Kindern zurück in ihre Wohnung. Ihr Vermieter habe ihr eine Frist bis zum 10. Februar gesetzt. „Bis dahin werden meine Möbel, unser ganzes Leben aufbewahrt. Danach soll die Wohnung weitervermietet werden“, erklärt sie. Das Problem mit dem Jobcenter ärgert Ines Kerstin sehr.

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Noch mehr ärgert sie sich über die Haltung der Stadt Korschenbroich. Weil sie nach ihrer Zwangsräumung ein Monteurzimmer in Mönchengladbach als Notunterkunft aufgesucht hat, will die Stadt Korschenbroich der alleinerziehenden Mutter nicht helfen. „Ich kann mich nicht obdachlos melden. In Mönchengladbach auch nicht, weil ich mich erst dorthin ummelden müsste. Das konnte ich dort auch nicht. Beide Städte schicken mich hin und her“, erklärt sie.

Zuvor sei ihr angeboten worden, mit ihren Kindern in eine Turnhalle zu ziehen. „Mit meinen Kindern gehe ich in keine Turnhalle. Meine ältere Tochter bereitet sich gerade auf die Abiturprüfungen vor. Abgesehen davon, ist diese kleine Halle für Familien nicht geeignet“, so Ines Kerstin.

EXPRESS.de fragte bei der Stadt Korschenbroich nach. Eine Sprecherin antwortete: „Grundsätzlich ist es so, dass wir bei drohender Obdachlosigkeit eine Unterkunft anbieten. Unabhängig davon ist es den betroffenen Personen unbenommen, sich selbst um eine anderweitige Unterbringung zu kümmern. Sobald eine Unterbringung oder ein Wohnsitz außerhalb des Stadtgebietes gefunden und genommen wird, ist die Stadt des neuen Wohnsitzes zuständig.“

EXPRESS.de fragte auch in Mönchengladbach nach. Dort erklärte ein Sprecher: „Die Unterbringung von obdachlosen Menschen erfolgt gemäß Paragraph 14 Ordungsbehördengesetz NRW. Grundsätzlich ist die Obdachlosigkeit in der Herkunftsgemeinde zu beheben, beziehungsweise am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes. Im Rahmen der Freizügigkeit ist ein Umzug nach Mönchengladbach zu jeder Zeit möglich, jedoch nicht im Rahmen einer Unterbringung nach dem Ordungsbehördengesetz.“

Frau Kerstin soll sich also in Korschenbroich melden. Das hat sie auch getan. Sie traf Bürgermeister Marc Venten. „Er wollte die Zuständigkeit klären und sich dann bei mir melden. Leider ist das auch nach über einer Woche nicht passiert“, ärgert sie sich.

Inzwischen habe sie auch eine rechtliche Betreuung beantragt, die sie bei Angelegenheiten mit Ämtern und Behörden unterstützen soll. „Damit sowas nicht wieder passiert“, sagt sie. Sie sei mit der ganzen Sache überfordert.

Die Unterhaltsvorschusskasse und das Jugendamt des Kreises seien weiterhin für sie zuständig. Aber das Sozialamt und Jobcenter der Stadt nicht mehr. „Die sitzen im selben Gebäude. Ich blicke da nicht mehr durch und brauche Hilfe“, sagt sie.

Nun ist Ines Kerstin mit ihren Kindern vor ein paar Tagen in einer Ferienwohnung in Korschenbroich untergekommen. „Die Kosten tragen meine Freunde, wie schon beim Monteurzimmer. Dort können wir aber nur bis zum 2. Februar bleiben. Danach wissen wir nicht weiter“, sagt sie. Sie hofft jetzt auf einen Sieg vor dem Sozialgericht und dass sie dann mit ihren Kindern zurück nach Hause kann.