Lauben auf Müllkippe gebautAuf Kölns explosivstem Kleingarten wird abgefackelt

DähneAuweilerWeg

Der Vorsitzende des Kleingartenvereins Auweiler Weg Karlheinz Dähne vor seiner Laube

von Ayhan Demirci (ade)

Köln – Viele der 150 Laubenpächter wussten gar nichts vom Geheimnis unter der Erde. Bis einer eines Tages ein tieferes Loch bohrte und ohnmächtig wurde.

So beginnt die brisante Geschichte des gefährlichsten, spannendsten und weil die Menschen hier dennoch glücklich sind, rührendsten Kölner Kleingartens. Er liegt bei Bocklemünd am Auweiler Weg. Er entstand auf einer Müllkippe.

AbsackungenAuweilerWeg

Im Vergleich mit der Laube vorne wird deutlich: Die weiße Laube ist abgesackt.

Unten fault und gärt es. So wie schon 1976, als die Anlage von der Stadt eingerichtet wurde. Franz Winkler, Ehrenvorsitzender des Vereins, war einer der ersten Pächter. Er sagt: „Ich wusste nichts vom Müll.“

Feuerzeug - und das Gas stand in Flammen

Als man Bäume und Sträuche pflanzte, war die Sache schon bald am Dampfen, sozusagen. Wurzeln durchstießen die ca. ein Meter dicke Lehmschicht auf dem Müll, so gelangte bald auch Wasser in den Abfall. Chemische Reaktionen erfolgten, und es entstand Methangas - das ist geruchlos, und giftig. Und explosiv. Wieder wunderten sich manche: wenn ein Riss in der Erde entstanden war, und man ein Feuerzeug dranhielt, entstand eine ordentliche Flamme. Einer installierte gleich ein Rohr in den Boden und begann zu Grillen.

PrüfstangeAuweilerWeg

Der Eisenpflock dient zur Kontrolle: Ist der Boden gerade? Ist er nicht - er fällt ab.

Funkgerät rettete vergifteten Pächter

Der Laubenpieper, der 1988 beim Lochgraben plötzlich zusammenbrach, war in zwei Meter Tiefe vorgestoßen, als ihn die Gase umhauten. „Er war Funker, und hatte daher ein Funkgerät dabei. Als er zu sich kam, konnte er so zum Glück Hilfe rufen“, erzählt Franz Winkler. Nach dem Vorfall herrschte bei der Stadt Alarmstufe Rot: Explosionsgefahr! Lebensgefahr! Die Anlage wurde für drei Jahre gesperrt.

AbfackelanlageAuweilerWeg

Franz Winkler (l.) und Karlheinz Dähne an der Abfackelanlage. 

Müll und Methangas sind immer noch da. Eine mehrere Hunderttausend Euro teure Anlage saugt das Deponiegas ab, es wird regelmäßig abgefackelt. Sensoren messen die Gasbelastung in jeder Laube.

Immer wieder sackt der Boden ab, was zu Rissen in den Lauben führt. Letztes Jahr wurden wieder vier Lauben abgerissen, deren Standsicherheit nicht mehr gegeben war. Karlheinz Dähne erzählt ein Kuriosum: „Früher konnten wir an einer gewissen Stelle bis nach Bocklemünd runter schauen. Jetzt ist die ganze Laubenzeile um etwa zwei Meter abgesackt - der Blick ist weg.“ Immerhin: Gesundheitsgefahr besteht nicht, sagen die Experten.

LiloAsamiAuweilerWeg

Pächterin Lilo Asami fühlt sich trotz allem sehr wohl.

Pächterin Lilo Asami zeigt auf die Blumenpracht im Garten und sagt, angesprochen auf den Müll: „Da ist so viel Erde drauf, das hat mich nie gestört.“ Paar Lauben weiter  treffen wir auf Christine Kroll, die gerade eine Freundin zu Besuch hat. Sie lacht und strahlt:  „Sehen Sie hier: Das ist unsere Bananenstaude!“ 

Zur Zukunft der Anlage sagt Sabine Wotzlaw, Sprecherin der Stadt: „Die Situation  wird aktuell so eingeschätzt, dass noch mindestens zehn Jahre eine Absaugung und Entsorgung des Deponiegases erforderlich sein wird.“ Die Stadt führe zweimal jährlich Bodenluftkontrollen auf dem Gelände durch. Schutzmaßnahmen für Kölns schrägstes Paradies.