Kosten-Explosion bei Kölner BrückeExperte rechnet vor – „Man muss es eben richtig machen“

Baustelle auf der Mülheimer Brücke in Köln.

Die Sanierung der Mülheimer Brücke: Ein Sinnbild für explodierende Baukosten in Köln.

Erst 116 Millionen Euro, dann 301, jetzt fast 500! Die Kosten für die Sanierung der Mülheimer Brücke explodieren. Für viele Kölnerinnen und Kölner ein Skandal ohne Ende. Doch wie kann das sein? Architekt Hans-Peter Achatzi packt aus und nennt die knallharten Gründe.

Die schwindelerregenden Zahlen der Mülheimer Brücke überraschen selbst den Bau-Experten Hans-Peter Achatzi. Doch für ihn ist klar: Bei Kölner Bauprojekten wie der Brücke oder der Skandal-Oper gibt es „grundlegende Probleme, die strukturell so angelegt sind.“

Für den Architekten liegt das Problem ganz am Anfang. In den ersten Projektphasen müsse eine Stadt eine sorgfältige Bestandsanalyse machen und Fragen klären wie: Was ist vorhanden und woraus besteht es? Wo liegen die Mängel? Gibt es Umweltauflagen? „Das kostet Geld und braucht Zeit“, so Achatzi.

Es wird oft geschlampt, manchmal sogar mit Absicht

Doch genau hier werde oft geschlampt, meint Achatzi. Manchmal sogar mit Absicht! „Es gibt noch keinen Projektetat und man will schnell Ergebnisse vorweisen.“ Die Folge: Es wird ein sogenannter „politischer Preis“ genannt, der bewusst niedrig gehalten wird, damit Politikerinnen und Politiker dem Bauprojekt überhaupt zustimmen.

Bei professionellen privaten Bauherren? Undenkbar! „Die wollen wirklich vorher wissen, was ein Bauprojekt kostet. Da hat man diese Abweichung in dem Maße nicht“, stellt der Experte klar.

Die Stadt Köln behauptete 2016, das Risiko sei auf ein „mögliches Minimum reduziert“. Sieben Jahre später begründet sie das Kostenplus von fast 200 Millionen Euro mit „nicht vorhersehbaren Schäden“. Für Achatzi eine fadenscheinige Ausrede.

„Für mich spricht vieles dafür, dass die Stadt doch nicht so gründlich untersucht hat, wie sie es damals gesagt hat“, lautet sein knallhartes Urteil. „Was soll sie denn jetzt bei einer Brücke finden, was sie nicht schon vorher hätte finden können?“ Eine gründliche Untersuchung, notfalls mit Sperrung, sei eben erforderlich.

Und der Stadtrat? Der steckt in der Falle und muss immer mehr Geld nachschießen, denn eine halbfertige Brücke ist politisch nicht vermittelbar. „Dann muss der Rat weitermachen und in den sauren Apfel beißen“, erklärt Achatzi.

Dass Großprojekte so aus dem Ruder laufen, ist für den Architekten kein Naturgesetz. Sein Fazit ist so einfach wie vernichtend: „Nein, man muss es eben richtig machen.“

Hans-Peter Achatzi.

Hans-Peter Achatzi

Architekt Hans-Peter Achatzi (Jahrgang 1954) hat das Berliner Büro „C4C Competence for Competitions“ mitgegründet, das für Qualität von der ersten Projektidee bis zum Ergebnis steht.

Zu seinen Projekten zählten die Bedarfsplanung für den DFB-Campus in Frankfurt und das Opernhaus in Nürnberg. Achatzi ist seit drei Jahren im Ruhestand. (red)