Kölner Klüngel und SpottLobby-Verein sucht jetzt Praktikanten für Kirsten Jahn

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Kirsten Jahn, Fraktionschefin der Grünen im Kölner Rat

von Chris Merting (mert)

Köln – Der Hauruck-Seitenwechsel der grünen Spitzenpolitikerin Kirsten Jahn – eben noch einflussreiche Fraktionschefin im Rat, jetzt Geschäftsführerin eines Lobbyisten-Vereins – sorgt weiter für Kritik. Und jetzt auch für Spott.

Die Politikerin Jahn, gelernte Diplom-Geographin, ist an den gut dotierten Posten (mindestens 120.000 Euro im Jahr) ohne öffentliche Ausschreibung gekommen. Dieser Klüngel-Vorwurf steht im Zentrum der Kritik.

Eben jener Verein Metropolregion Rheinland schreibt Stellen nunmehr öffentlich auf seiner Internetseite aus – allerdings geht es diesmal um Praktikanten-Jobs.

„Endlich gibt es auch mal einen Job für uns“, giften Politiker kleinerer Parteien, die in der langen Kölner Geschichte der Postenvergabe nach Parteibuch leer ausgingen sind. „Eventuell klappt es ja jetzt bei dem Praktikanten-Job“, machen sich die „Hinterbänkler“ Mut. Ihre Chefin in den Vereinsbüros im „Köln Triangle“ (LVR-Turm) wäre dann Kirsten Jahn.

Metropolregion

So sucht der Verein Metropolregion Rheinland auf der Internetseite nach Mitarbeitern.

Nachspiel im Stadtrat 

Falls die Fraktionschefin auf Absprung am 14. Februar zum letzten Mal an einer Ratssitzung teilnimmt, steht ihr eine Debatte in eigener Sache bevor. Die Linken setzen intransparente Besetzungsverfahren wie im Fall Jahn auf die Tagesordnung und fordern, dass derartiges untersagt wird. Ebenso sieht es die SPD: Das Besetzungsverfahren in dem Verein, der überwiegend durch Steuergelder finanziert wird, verstoße gegen den „Kodex zur guten Unternehmensführung“.

Auch von ihrer eigenen Partei bekommt Jahn saures. Bei allen Organisationen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, erwarten die Grünen ein „transparentes, offenes Ausschreibungsverfahren“. „Das hat eine lange Tradition bei den Grünen“, so Parteichefin Katja Trompeter. Die Nachwuchsorganisation der Grünen wird da deutlicher und sieht in Jahns Handeln die Grundsätze grüner Politik verletzt: „Die Niederlegung ihrer Ämter begrüßen wir daher“.

Heftige Kritik aus dem Umland

Den Metropol-Verein finanzieren Städte und Kreise mit Steuergeldern sowie Industrie- und Handwerkskammern mit aus ihren eingezogenen Pflichtbeiträgen der Unternehmen. Der Lobby-Verein soll die Zusammenarbeit im Rheinland fördern.

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Im Köln Triangle (LVR-Turm genannt) hat der Verein Metropolregion Rheinland seine Büros.

Doch aus den Kreisen und Kommunen im Umland hagelt es Kritik.

„Was da gelaufen ist, ist für mich kölscher Klüngel“, so FDP-Kreispolitiker Reinhold Müller (Oberbergischer Kreis). Müller sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ weiter: „Ich werde sehr wach beobachten, ob das eine parteipolitische Nummer wird“ – und ob die neue Geschäftsführerin Jahn ihren neuen Posten für die Umsetzung grüner Politik nutzen werde. Müller: „Die Metropolregion ist kein Naturschutz-Verband.“

Und deswegen, so wird nicht nur im Umland vermutet, habe man Jahn die Aachener CDU-Politikern Ulla Thönnissen als Co-Geschäftsführerin beziehungsweise „Aufpasserin“ zur Seite gestellt. Die Kölner SPD poltert: „Die CDU in Aachen versorgt ihre ausgeschiedene Landtagsabgeordnete mit einer Halbtagsstelle.“

Klüngel in R(h)einkultur

Breitseiten gibt es auch aus dem Kreis Euskirchen. Die SPD-Kreistagsfraktion sowie ihre Mitglieder Hans Schmitz aus Mechernich und Wolfgang Heller aus Schleiden, die den Euskirchener Kreistag in dem Verein vertreten, distanzieren sich ausdrücklich von der „in einer Hinterzimmermentalität, ohne Ausschreibung und Transparenz erfolgten Klüngelbesetzung der Geschäftsführerstelle.“

Unmut gibt es auch im Rhein-Sieg-Kreis. „Klüngel in R(h)einkultur“, heißt es von Dietmar Tendler, Vorsitzender der dortigen SPD-Fraktion.

Auch die FDP-Fraktion im Kreistag tobt. Die Entscheidung werfe „erneut ein schlechtes Licht auf den Verein, der bisher mit keinerlei inhaltlichen Vorschlägen oder konkreten Projekten an die Öffentlichkeit getreten ist“, so der liberale Politiker Christoph Küpper.

Versammlung in Neuss

Die Liste der Aktivitäten des Lobby-Vereins fällt selbst auf der eigenen Homepage mager aus: Organisation eines „parlamentarischen Abends“ in Berlin, Messestände in München und Tel Aviv, eine Diskussion über den öffentlichen Nahverkehr, Unterstützung des Festivals Rheinischer Kultursommer. Zum einjährigen Bestehen  wurde noch das „Gründungsjubiläum gefeiert.

Der Verein müsse jetzt liefern, so die Politik – ansonsten werden die Stimmen nach Austritt und Auflösung zunehmen.

Es gibt viel aufzuarbeiten. Aber, die nächste Mitgliederversammlung des Metropol-Vereins ist erst für den 29. März in der Stadthalle Neuss angesetzt.