Für Urlauber ist es die erste Anlaufstelle für Schnäppchen, für Hoteliers und Hotelierinnen oft ein teures Ärgernis. Jetzt eskaliert der Streit um Booking.com!
Preis-ZoffKölner Hotel-Chefin zieht jetzt in den Kampf

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Die Kölner Hotelgruppe Dorint hat sich an der Klage gegen Booking.com beteiligt. Das Foto zeigt ein Dorint Hotel in der Kölner Innenstadt, aufgenommen am 15. Februar 2022.
Fast jeder, der eine Reise plant, landet bei Booking.com. Die Seite ist einfach, die Auswahl riesig und die Preise oft unschlagbar. Doch dieser scheinbare Vorteil für Reisende hat eine Kehrseite: für die Hotels.
Sie müssen Provisionen an das Portal abdrücken – in Köln können das nach Schätzungen von Branchenexperten und Branchenexpertinnen gut und gerne 20 Prozent sein! Geld, das am Ende in der Kasse fehlt.
Der wahre Grund für den Zoff ist aber eine umstrittene Regel: die sogenannte „Bestpreisklausel“. Jahrelang soll Booking.com Hotels gezwungen haben, ihre Zimmer nirgendwo günstiger anzubieten – nicht mal auf der eigenen Hotel-Webseite! Ohne den Online-Riesen geht es aber auch nicht, denn er ist der wichtigste Vertriebskanal. Jetzt fordern mehr als 10.000 Hotels europaweit Schadenersatz.
An vorderster Front kämpft auch die Kölner Dorint-Hotelgruppe mit ihren drei Häusern in der Stadt mit. Geschäftsführerin Stefanie Brandes macht gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ klar, warum sie sich der Klage angeschlossen haben: „da wir als Verbund nicht nur abgestimmt, sondern mit einer Stimme sprechen sollten“.
Aus Sicht der Hotelverbände haben solche Klauseln die Preishoheit der Betriebe beschnitten und den Wettbewerb eingeschränkt. Es sei wichtig, die „Ungerechtigkeit von einzelnen Vertriebskanälen zu beheben und die Flexibilität in der unternehmerischen Selbstständigkeit für die europäische Hotellerie wieder zu gewährleisten“, so Brandes weiter.

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Dorint-Geschäftsführerin Stefanie Brandes
Brandes erklärt den täglichen Aufwand: „Da wir unsere Gäste über unsere eigenen Vertriebskanäle nicht benachteiligen möchten, werden die Preise auf dorint.com ständig mit den Preisen von booking.com abgeglichen, sodass zumindest eine Preisparität sichergestellt werden kann.“ Ein ständiger Kampf, statt den besten Preis direkt an die Kunden und Kundinnen weitergeben zu können.
Europäischer Gerichtshof kippt Bestpreisklausel
Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom September 2024 befeuerte den Streit, doch die Auslegung geht auseinander. Die Richter und Richterinnen am EuGH lehnten eine generelle Zulässigkeit solcher Klauseln ab, was vielen Hotels den Rücken stärkt. Rechtsanwalt Christoph Becker vom Dehoga Nordrhein sagt: „Der EuGH hat die Bestpreisklausel gekippt. Deshalb haben die Hoteliers Anspruch auf Schadenersatz.“
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Booking.com widerspricht – inhaltlich wie formal. Zum einen bestreitet das Unternehmen, bislang eine offizielle Sammelklage erhalten zu haben. Die Klage wird von der europäischen Hotelallianz Hotrec und über 30 nationalen Verbänden unterstützt. Die Organisatoren sprechen von einer der größten juristischen Auseinandersetzungen der Branche, wegen der großen Resonanz sei die Anmeldefrist bis zum 29. August verlängert worden. „Es handelt sich um eine Ankündigung von Hotrec, nicht um eine eingereichte Sammelklage“, teilte das Unternehmen mit.
Das sagt Booking.com zu dem Fall
Zum anderen weist Booking.com zentrale rechtliche Argumente der Hotelverbände zurück – insbesondere die Auslegung des EuGH-Urteils vom September 2024. Die von Hotrec und anderen Hotelverbänden im Zusammenhang mit dem EuGH-Urteil vom September 2024 getätigten Aussagen seien „falsch und irreführend“, denn das EuGH-Urteil sei nicht zum Schluss gekommen, dass die Preisparitätsklauseln von Booking.com wettbewerbswidrig seien. „Das Gericht stellte lediglich fest, dass derartige Klauseln in den Anwendungsbereich des EU-Wettbewerbsrechts fallen und ihre Auswirkungen von Einzelfall zu Einzelfall zu bewerten sind“, so Booking.com.
Zudem würden Preisparitätsklauseln in Deutschland seit 2016 nicht mehr verwendet. „Wir können auch bestätigen, dass wir Preisparitätsklauseln im Rahmen unserer DMA-Verpflichtungen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum im Juli 2024 abgeschafft haben“.Das Urteil vom EuGH habe damit nichts damit zu tun.
Nicht alle Hoteliers stehen mit Booking.com auf Kriegsfuß. Georg Plesser, Direktor des Excelsior Hotel Ernst am Kölner Dom, sagte der „Wirtschaftswoche“, man habe sich gegen eine Klage entschieden. Sein Hotel habe einen hohen Anteil an Stammkunden und sei nicht existenziell auf Online-Partner angewiesen.
Eine Anekdote veranschaulicht, wie die Diskussion schon vor Jahren ins Rollen kam: Als Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt in einem Hotel eine zusätzliche Nacht buchen wollte, verlangte die Rezeption mehr Geld als für die Onlinebuchung. Die Begründung: Der günstigste Preis darf laut Vertrag nur über das Portal angeboten werden. Wieder zurück in Bonn nahm sich Mundt mit seiner Behörde die Klauseln vor – mit weitreichenden Folgen.
Was für Urlauber am Ende zählt, ist ein gutes Angebot. Der Streit zwischen der Hotelbranche und Booking.com dürfte diesem Wunsch zugutekommen. „Wettbewerb auf dem Markt der Ferienunterkünfte ist für Reisende gut, weil er die Vielfalt des Deutschlandtourismus abbildet und im Ergebnis zu günstigeren Preisen führt“, sagt Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbands (DTV). „Wichtig ist, dass der Wettbewerb funktioniert und die Regeln für alle gelten.“ (red)